Werbebasierte Geschäftsmodelle sind die Basis privatwirtschaftlich organisierter Medienunternehmen. Für den privaten Mediensektor sind Investitionen durch Werbung und die Nutzung von Daten für die werbebasierte Refinanzierung ihrer Audio- und audiovisuellen Inhalte wesentlich.
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Der Bundesernährungsminister Cem Özdemir stellte am 27. Februar 2023 Eckpunkte eines „Gesetzes zum Schutz von Kindern vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt“ (Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz/KLGW-E) vor.
Die Pläne des BMEL sehen weitgehende Einschränkungen und Verbote bei der Bewerbung von Lebensmitteln vor in allen „für Kinder relevanten Medien“. Auf diese Weise soll Übergewicht bei Kindern reduziert werden.
Bundesernährungsminister Cem Özdemir stellte am 27. Februar 2023 Eckpunkte für ein „Gesetz zum Schutz von Kindern vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt“ (Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz/KLGW-E) vor.
Am 11. Mai folgte eine zweite, überarbeitete Neufassung (KLGW-E 2.0), nachdem der erste Gesetzesentwurf insb. von den FDP-geführten Ressorts zurückgewiesen wurde. Die Neufassung konkretisiert unbestimmte Begriffe und ergänzt die Gesetzesbegründung. Das Regelungsziel wird in seinem Umfang und seiner Richtung aber so gut wie nicht geändert.
Die Pläne des BMEL sehen weitgehende Einschränkungen und Verbote bei der Bewerbung von Lebensmitteln vor in allen „für Kinder relevanten Medien“ (das BMEL nennt u. a. Radio, TV, Streaming-Dienste, Social Media). Auf diese Weise soll Übergewicht bei Kindern reduziert werden.
Die privaten Medienanbieter unterstützen das gemeinsame Ziel, Übergewicht bei Kindern zu reduzieren und sie zu einem gesunden Lebensstil zu befähigen. Die Pläne des BMEL würden jedoch dazu keinen Beitrag leisten, sondern ohne Nutzen für die Kindesgesundheit die Medienvielfalt in Deutschland gefährden.
Die BMEL-Pläne sehen vor, Werbung für rund 70 Prozent aller verarbeiteten Lebensmittel in allen Medien zu verbieten, die auch von Kindern genutzt werden könnten (inklusive TV, Radio, Streaming sowie u.a. auch Außenwerbung). (1)
Neben Süßigkeiten und Chips, beträfe dies auch Grundnahrungsmittel wie Butter, zahlreiche Arten von Wurst & Käse, Müsli, Teigwaren, Quark, Salatsaucen etc. (2)
Das Verbot würde für alle TV- und Radio-Sendungen von 6-23 Uhr, und damit praktisch durchgängig, gelten – unabhängig davon, ob es sich um Kinder- oder Erwachsenenprogramme handelt. (3)
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(1) Vgl. Stefan Storcksdieck, Marguerite Robinson, Jan Wollgast, Sandra Caldeira: The ineligibility of Food Products from across the EU for marketing to children according to two EU-level nutrient profile models, 23.10.2019:, The ineligibility of food products from across the EU for marketing to children according to two EU-level nutrient profile models
(2) Diese sehr weite Definition liegt auch der vom BMEL als Beleg für seine Pläne angeführten Studie zugrunde, wonach Kinder täglich rund 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel sähen. Dort werden auch Werbespots für Butter, Salatsauce oder Müsli als an Kinder gerichtete Werbung für HFSS-Lebensmittel betrachtet (vgl. Effertz, Tobias: Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel in Internet und TV, März 2021: https://www.bwl.uni-hamburg.de/irdw/dokumente/kindermarketing2021effertzunihh.pdf).
Laut Auskunft des BMEL gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die die Wirkung von Werbeverboten auf die Reduzierung von Übergewicht belegen.
Die vorhandenen empirischen Daten zeigen, dass Werbeeinschränkungen nicht zu einer Reduzierung von Übergewicht bei Kindern führen. So stieg in Großbritannien Übergewicht bei Kindern trotz der 2007 erfolgten Einführung weitreichender Werbebeschränkungen für HFSS-Lebensmittel bis heute weiter an. (9)
Werbung entscheidet nicht darüber, ob ein Produkt gekauft wird oder nicht. Sie beeinflusst, für welche Marke eines Produkts sich Konsument:innen entscheiden.
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(9) In der Forschung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der enge empirische Zusammenhang zwischen kindlichem Übergewicht und dem familiären Umfeld/Bildungsstand der Eltern darauf hinweise, dass Aufklärung und Bildung weitaus erfolgreichere Ansätze wären. Diese werden jedoch in den Gesetzesplänen nicht adressiert.

Standpunkte
Experten-Gutachten kritisieren geplante Lebensmittelwerbeverbote des Bundesernährungsministeriums
Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler kritisieren den vom Bundesernährungsministerium im Februar vorgelegten Gesetzesentwurf zu weitreichenden Verboten in der Lebensmittelwerbung scharf. Sie bewerten die Werbeverbotspläne für verfassungs- und europarechtswidrig und warnen vor erheblichen Folgen für die Medienvielfalt.
Weiteres zur thematik
Dafür setzt sich der VAUNET ein
➤ Keine pauschalen Werbeverbote oder kleinteilige Pflichthinweise
➤ Kein Verbot gezielter Werbung oder die Möglichkeit, Werbung über Ad-Blocker auszublenden
➤ Die in Übereinstimmung mit der DSGVO rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten durch Medienunternehmen
➤ Die Praxis von Gatekeepern wie Browsern oder Betriebssystemen, eigene Online-Werbetechnologiedienste zu präferieren und dabei Angebote Dritter zu benachteiligen, muss unterbunden werden.
Legale Produkte müssen legal beworben werden können, Kommunikationsverbote verhindern Wettbewerb und Vielfalt.
Claus Grewenig, Vorstandsvorsitzender des VAUNET & Chief Corporate Affairs Officer, RTL Deutschland