VAUNET sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf bei Auftrags- und Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Berlin, 17. Januar 2022 – Die Vorschläge der Länder berücksichtigen die Auswirkungen auf das gesamte Mediensystem bislang nur unzureichend. Dies stellt der VAUNET in seiner Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur geplanten Reform fest und plädiert für ein zeitnahes Gespräch der Länder bzw. der Rundfunkkommission mit den privaten Medien.

Trotz einiger positiver Ansätze sieht der VAUNET – Verband Privater Medien bei dem vorliegenden Diskussionsentwurf zur Auftrags- und Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erheblichen Nachbesserungsbedarf. Statt ein ausbalanciertes Mediensystem mit zwei starken Säulen zu befördern, hat der Länderentwurf bislang das Potenzial, die Statik der dualen Medienordnung nachhaltig zu Lasten der privaten Anbieter zu verschieben.

Mit der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren die Länder tatsächlich eine Reform des gesamten Mediensystems, weil Veränderungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer auch umfassende Auswirkungen auf die privaten Medienanbieter haben. Wenn beide Säulen in ihrer Rolle als demokratiefördernde Medien gestärkt werden sollen, gilt es, die Belange der privaten Medienanbieter zu berücksichtigen, insbesondere auch im Hinblick auf den Wettbewerb mit den globalen Online-Plattformen. Hier müssen die Länder ihrem weitem Gestaltungsauftrag noch deutlich stärker nachkommen.

Die beabsichtigte Schwerpunktsetzung auf u. a. Kultur, Bildung, und Information sowie die Vorgabe, dass Unterhaltung nur dann Teil des Auftrags sein soll, wenn sie einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspricht, sind vielversprechende Signale. Vieles davon ist in dem aktuellen Entwurf jedoch noch in Klammern gesetzt oder nur sehr vage formuliert. Hier sollten die Länder eine weitere Schärfung des öffentlich-rechtlichen Angebotsprofils und eine weitere erkennbarere Unterscheidbarkeit von den privaten Angeboten vorgeben.

Annette Kümmel, Vorstandsvorsitzende des VAUNET und Chief Sustainability Officer ProSiebenSat.1 Media: „Im Interesse der Vielfalt von Angeboten und Anbietern sollte die Konsultation als Auftakt einer intensiven inhaltlichen Auseinandersetzung verstanden werden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, auch mit dem VAUNET in bilaterale Gespräche einzutreten, damit wir die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der geplanten Neuausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Basis des jetzigen Entwurfs erläutern können. Nur eine Balance in der dualen Medienordnung kann die einzigartige Medienvielfalt in Deutschland langfristig sichern.“

Claus Grewenig, Stv. Vorstandsvorsitzender des VAUNET und Bereichsleiter Medienpolitik RTL Deutschland: „Ein Schwerpunkt der TV-Betroffenheit liegt in der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags insbesondere zur Primetime. Die hierzu von den Ländern angedachten Profilschärfungen unterstützen wir nachdrücklich – auch mit dem Ziel einer ausgewogeneren Gewichtung der Auftragsbestandteile zu Hauptnutzungszeiten. Daneben ist die Aufrechterhaltung des Verbots für Non-EU-Lizenzware in Mediatheken für uns elementar. Jede Zunahme des öffentlich-rechtlichen On Demand-Angebotsumfangs verschärft den Wettbewerb mit privaten Angeboten im Lizenzmarkt.  Letztlich sollte die Präsenz von ARD und ZDF auf Drittplattformen überdacht werden.“

Der VAUNET fordert zudem eine weitere Entkommerzialisierung, die nicht nur das Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schärfen, sondern auch die Unabhängigkeit von kommerziellen Einflüssen festigen und die Akzeptanz für die Rundfunkbeiträge erhöhen würde. Das seit vielen Jahren diskutierte vollständige Verbot von Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen TV-Bereich muss umgesetzt werden – ebenso wie im Radiobereich die Reduzierung des Werbeumfangs auf 60 Minuten pro Tag und ein werbeführendes Programm pro Anstalt sowie Einschränkungen bzw. die Untersagung von Sponsoring in der Radio-Primetime. Ferner muss das geltende Werbeverbot in Telemedien bestehen bleiben.

Der VAUNET lehnt eine weitreichende Flexibilisierung des Auftragsverfahren ab. Wenn die Anstalten künftig maßgeblich selbst mitentscheiden, welche Angebote sie zur Verfügung stellen, würden sie und nicht der Gesetzgeber unmittelbar über das Wettbewerbsverhältnis zu den privaten Medien entscheiden. Es muss Aufgabe und Gestaltungshoheit der Legislative bleiben, konkret zu bestimmen, welchen Auftrag die Rundfunkanstalten wahrnehmen sollen.

In seiner Stellungnahme hat der VAUNET seine Positionen und Vorschläge zum Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission in den aktuellen Konsultationsprozess eingebracht.

Mit einer weiteren Meldung von heute informiert der VAUNET über seine Position zu der Auftrags- und Strukturdebatte aus Sicht der Radio- und Audioanbieter, die von der aktuellen Situation spezifisch und weitreichend betroffen sind.

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Hartmut Schultz

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