Zukunftsrat legt 10 Empfehlungen zur ÖRR-Reform vor

Am 18. Januar 2024 hat der Zukunftsrat zehn Empfehlungen zur Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgelegt. Zentrale Erkenntnis des Beratungsgremiums ist, dass ein enormer Reformbedarf besteht: „Erforderlich sind nicht bloß Veränderungen im System, sondern Umbauten des Systems.“

Die Vorschläge des Rats zielen darauf, die Rundfunkanstalten durch effizientere und flexiblere Entscheidungs- und Umsetzungsstrukturen zukunftsfester zu machen. Die Empfehlungen knüpfen an der bestehenden Grundstruktur an und verfolgen keinen radikalen Umbruch, z. B. in einer möglichen Abkehr von der Haushaltsabgabe oder der Organisationsform als öffentlich-rechtliche Körperschaft. Der Rat betonte, dass nur die Umsetzung aller Maßnahmen erfolgsversprechend sei, ein „Cherry Picking“ dagegen nicht.

Der VAUNET hat in einer Pressemitteilung vom 19. Januar 2024 bereits eine erste Bewertung der Ratsvorschläge vorgenommen.

Zum Auftrag:

Den Auftrag des ÖRR umreißt das Expertengremium unverändert mit den Bereichen Information, Bildung, Kultur, Fiktion, Unterhaltung und Sport. Der Zukunftsrat plädiert dafür, dass sich die Angebote noch stärker von denen privater Sender unterscheiden sollen. ARD und ZDF sollen nicht mehr beide „mehr vom Gleichen“ produzieren, sondern es soll eine deutliche Unterscheidbarkeit zwischen ARD und ZDF, auch bei den Spartenkanälen, geben. Jede Landesrundfunkanstalt sollte Programme für Junge, Mittlere und Ältere sowie jeweils ein Kultur- und ein Infoprogramm (mit Mantelprogrammstrecke) haben. Dabei gibt es keine Empfehlung für quantitative Angebotsgrenzen (linear sowie non-linear). Die Unübersichtlichkeit der ARD-Hörfunksender soll neu geordnet werden. Die KEF soll anhand relevanter Prüfkriterien wie Vielfalt, Transparenz oder Wahrhaftigkeit die Auftragserfüllung überprüfen. Die Nichteinhaltung des Auftrages soll zu finanziellen Abschlägen durch die KEF führen.

Zur Struktur:

Es soll eine zentrale ARD-Anstalt als Dachorganisation mit Verantwortung für die bundesweiten ARD-Angebote geben (Mediathek, das Programm im Ersten, sowie Verwaltung und Technologie). Ziel ist der Abbau von Doppelstrukturen innerhalb der ARD. Die Landesrundfunkanstalten sollen sich stärker auf regionale Inhalte konzentrieren.

Der Zukunftsrat spricht sich zudem für eine Umstrukturierung der operativen Leitung des ÖRR aus – weg vom bisherigen Intendantenmodell hin zu einer ”zeitgemäßen Managementkultur“. Er empfiehlt dafür jeweils eine ”kollegiale Geschäftsleitung“ für die zentrale ARD-Anstalt, für das ZDF und das Deutschlandradio.

Zur Aufsicht:

Auch in der Senderkontrolle will der Rat neue Gremien etablieren und bisherige Organe ersetzen. Es soll künftig bei ARD, ZDF und Deutschlandradio jeweils einen Medienrat aus Politik und Zivilgesellschaft geben, der im Blick behalten soll, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk den an ihn gestellten Auftrag erfüllt.

Der Verwaltungsrat soll stärker die strategische Gesamtverantwortung tragen und die Geschäftsführung überwachen, aber nicht eingreifen. Aus den Rundfunkräten werden kleinere Medienräte, die verstärkt über die Auftragserfüllung wachen sollen.

Zur Finanzierung:

Der neben der Gründung einer neuen ARD-Anstalt radikalste Vorschlag ist der Umbau des bisherigen KEF-Verfahrens vom ex-post zum ex-ante-Ansatz. Die Anstalten sollen nicht mehr vorab ihren Bedarf bei der KEF anmelden, sondern die KEF soll alle zwei Jahre rückschauend prüfen, ob die Beitragsgelder auftragskonform verwendet wurden. Auf Basis des aktuellen Beitragsaufkommens soll über ein medienspezifisches Inflationsindexverfahren grundsätzlich die automatische Erhöhung des Rundfunkbeitrages erfolgen. Ob die durch die Strukturreform erzielten Effizienzgewinne auch zur Senkung des Rundfunkbeitrags oder zur „besseren Auftragserfüllung“ verwendet werden, sollen die Länder entscheiden.

Frage der Werbung & Tochtergesellschaften bleibt offen

Der Rat benennt vier offene Fragen, die wegen der begrenzten Zeitspanne nicht abschließend bewertet werden konnten, dessen Prüfung der Rat aber für erforderlich hält. Dazu zählen:
• Das Verhältnis zwischen Rundfunkanstalten und privaten Medien
• Die Frage der Werbung im ÖRR
• Die kommerziellen Tochtergesellschaften der Rundfunkanstalten
• Die Notwendigkeit der Finanzierung aus Beitragsmitteln von Landesrundfunkanstalten, Klangkörpern und Denkmalschutzmaßnahmen

 

Nächste Schritte

Am 25./26. Januar 2024 trifft sich die Rundfunkkommission der Länder zu einer Klausurtagung. Auf der Agenda steht die Reform von Struktur und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es sollen die Kernpunkte für den nächsten Medienänderungsstaatsvertrag definiert werden. Die Vorschläge des Zukunftsrates als auch die jüngsten Reformbeschlüsse der ARD vom Dezember 2023 als auch der kommende KEF-Bericht werden Beratungsgegenstand sein.

Zum Hintergrund

Die Rundfunkkommission der Länder hatte die temporäre Schaffung des Zukunftsrats vor einem Jahr vereinbart und im März 2023 dessen Einsetzung beschlossen. Mit der Vorlage seines Berichtes am 18. Januar 2024 hat der Zukunftsrat seine Tätigkeit eingestellt.

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Ansprechpartner:in
Tim Steinhauer

Senior Referent Medienverantwortung & Programm

Tel. 0049 (0)30 39 88 0 199

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