Entscheidung des Rats der Europäischen Union zum European Media Freedom Act – weitere Verbesserungen für private Medienunternehmen erforderlich

Berlin, 23. Juni 2023 - Der Rat der Europäischen Union hat sich diese Woche auf seine Verhandlungsposition zum geplanten Medienfreiheitsgesetz der EU geeinigt. Aus Sicht des Spitzenverbandes der privaten Medien VAUNET hat diese Einigung im Vergleich zum Entwurf der Europäischen Kommission zwar Fortschritte gebracht, aber zentrale Probleme bleiben ungelöst.

In den anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und dem Rat sind deshalb weitere substanzielle Verbesserungen notwendig, damit das Regelwerk die Medienfreiheit und Medienvielfalt in Europa wirksam stärken kann. Der VAUNET plädiert dafür, dass etablierte Medienordnungen in Deutschland oder anderen Mitgliedstaaten in ihrer vielfaltssichernden Funktion nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Claus Grewenig, Vorstandsvorsitzender des VAUNET und Chief Corporate Affairs Officer von RTL Deutschland: „Wir unterstützen das Ziel des European Media Freedom Acts, vielfältige, staatsferne und unabhängige Medienangebote in Europa zu stärken. Mit der allgemeinen Ausrichtung des Rates der Europäischen Union ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum European Media Freedom Act gemacht worden. Nun muss das Europäische Parlament einen praxistauglichen Vorschlag unterbreiten, der die Besonderheiten der primär national, regional und lokal geprägten Medienmärkte und funktionierender Medienordnungen in den Mitgliedstaaten hinreichend berücksichtigt. Dazu gehört auch die klare normative Verankerung der Respektierung bestehender Regelungen mitgliedstaatlicher Vielfaltssicherung. Neben der wirtschaftlichen Seite von Medien ist stets auch ihre kulturelle, Meinungsvielfalt schaffende und demokratiestärkende Bedeutung im Blick zu halten.“

Auch wenn der Vorschlag des Rates im Vergleich zum Kommissionsvorschlag konkrete Verbesserungen gebracht hat, sieht der VAUNET weiteren Nachbesserungsbedarf. Dies betrifft insbesondere die Regelungen zur Bewertung von Zusammenschlüssen auf dem Medienmarkt, zur Sicherstellung redaktioneller Unabhängigkeit, zu professionellen journalistischen Inhalten auf sehr großen Online-Plattformen und dem vorgesehenen neuen Europäischen Gremium für Mediendienste.

Die Vorgaben für medienkonzentrationsrechtliche Prüfungen sind im Ratstext klarer von kartellrechtlichen Verfahren getrennt. Damit könnte die Gefahr zusätzlicher paralleler Verfahren, auf die der VAUNET aufmerksam gemacht hat, teilweise reduziert werden. Der Vorschlag enthält aber noch immer erhebliche Rechtsunsicherheiten – etwa hinsichtlich einzelner Prüfkriterien und der Einbeziehung von Big-Tech-Plattformen – und führt die begonnene begrüßenswerte Stärkung der nationalen Aufsichtsbehörden nicht konsequent zu Ende.

Korrigiert werden sollte zudem, dass den sehr großen Plattformen auch dem Rat nach weitreichende Befugnisse zustehen sollen, journalistisch-redaktionelle Inhalte allein auf Grundlage ihrer Geschäftsbedingungen zu entfernen. Zwar ist eine Schonfrist zur Stellungnahme vorgesehen, ein Widerspruch bliebe jedoch folgenlos. Hier bedarf es einer weitergehenden verfahrensrechtlichen Absicherung der Inhalteanbieter.

Nachbesserungen sind zudem etwa bei den Vorschriften zur Sicherung redaktioneller Unabhängigkeit erforderlich. Staatliche Eingriffe in die internen Strukturen von Medienhäusern mit einer bereits umfangreich gewährleisteten Unabhängigkeit der Redaktionen sind nach Überzeugung des VAUNET nicht angezeigt. Im Ratstext bleibt weiterhin unklar, wo die Grenze zwischen redaktioneller Unabhängigkeit und der den Medieneigentümern zugestandenen „Etablierung einer redaktionellen Linie“ verlaufen soll.
Auch erscheint trotz einiger Anpassungen die notwendige Staatsferne des geplanten Aufsichtsgremiums auf EU-Ebene aufgrund der Anbindung an die Europäische Kommission noch nicht ausreichend gewährleistet.

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