Der Bundesrat hat am 25. November 20222 einstimmig die Erhebung einer Subsidiaritätsrüge gegen den EU-Kommissionsvorschlag zum European Media Freedom Act (EMFA) wegen Verstoßes gegen die Kompetenzordnung beschlossen.
Die Länder sehen in dem EU-Kommissionsvorschlag zum European Media Freedom Act (EMFA) einen Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität und einen Eingriff in die Kulturhoheit der Mitgliedstaaten.
Der Beschluss verweist darauf, dass der Verordnungsvorschlag zum EMFA den Anspruch erhebe, „wesentliche Teile der Medien in Europa, einschließlich der Presse, des privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie digitaler Online-Medien, bezüglich ihrer Inhalte, Organisationsstruktur und Überwachung EU-weit zu regulieren.“ Dabei verfüge die Gesetzesinitiative, insbesondere in Form einer Verordnung, die in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar und rechtlich verbindlich ist, nicht über eine ausreichende Rechtsgrundlage.
Die im Beschluss des Bundesrats formulierten, wesentlichen Kritikpunkte im Überblick:
- Der Verordnungsvorschlag zum European Media Freedom Act greife in nationales Hoheitsrecht ein und stehe nicht im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit.
- Es fehle der EU an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage, um Medienbereiche EU-weit zu regulieren, die wie Presse und Hörfunk primär lokal und regional, und damit nicht grenzüberschreitend, ausgerichtet sind. Aus Sicht der Ausschüsse fehle es diesen Medienbereichen an einer Binnenmarktrelevanz, die eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften rechtfertigen würde.
- Der vorgeschlagene Rechtsakt sei zudem ein Eingriff in den Kernbereich des Rechts der Mitgliedstaaten, denen nach den Europäischen Verträgen die Kulturhoheit – und damit die Kompetenz für die Medienregulierung – zugeschrieben ist. Dies gelte insbesondere für die Ausgestaltung und Organisation der privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter. Der EMFA würde die ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf dem Gebiet des Rundfunks in verfassungsrelevanter Art und Weise verletzen.
- Der Verordnungsvorschlag sieht weitreichende Entscheidungskompetenzen der Kommission sowie Einflussmöglichkeiten auf Entscheidungen des Europäischen Gremiums für Mediendienste vor. Die bestimmende Einflussnahme der Kommission widerspreche den in Deutschland geltenden Grundsätzen einer unabhängigen und staatsfernen Medienaufsicht, die verfassungsrechtliche eine zwingende Voraussetzung für eine freie und vielfältige Medienordnung ist.
Nach den Europäischen Verträgen sei es zwingend erforderlich, den Mitgliedstaaten einen hinreichenden Spielraum für eigenständige Maßnahmen im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen zu belassen, wenn die Medienregulierung betroffen ist. Der VAUNET begrüßt die Ziele des EMFA, vielfältige und unabhängige Medien in ganz Europa zu stärken, ist jedoch der Auffassung, dass es dafür einen ausgewogeneren Ansatz mit wenigen Prinzipien in Form einer Richtlinie braucht, damit die Mitgliedsstaaten hinreichend Spielräume für eine flexible Anpassung an die nationalen Gegebenheiten haben.