VAUNET-Stellungnahme zur 11. GWB-Novelle: Paradigmenwechsel im Kartellrecht

14.10.2022 - Mit der 11. GWB-Novelle (Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz“) vollzieht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen – aus Sicht des VAUNET – Paradigmenwechsel im Kartellrecht.

In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf einer 11. GWB-Novelle begrüßt der VAUNET die Ausweitung der Befugnisse des Bundeskartellamtes (BKartA) sowie das klare Signal des Gesetzgebers für ein starkes private enforcement des Gesetzes über digitale Märkte (DMA). Zum einen soll es für das BKartA durch ein neues Eingriffsinstrument leichter werden, im Anschluss an eine Sektoruntersuchung Störungen des Wettbewerbs schnell abzustellen. Zum anderen sollen Vorteile, die sich Unternehmendurch Kartellrechtsverstöße verschaffen, künftig leichter abgeschöpft werden können.

Das Gesetzesvorhaben wird aus Sicht des VAUNET gerade den Anforderungen und Herausforderungen der Plattformökonomie gerecht. Entscheidend ist, dass einer der möglichen Kernanwendungsbereiche – die verfestigten Strukturen auf den Digitalmärkten, insbesondere die Online-Werbemärkte und die (mobilen) Ökosysteme betreffend – im weiteren Gesetzgebungsprozess stärker hervorgehoben wird.

Anpassungsbedarf sieht der VAUNET allerdings in vier wesentlichen Punkten:

  • Bei den für das Bundeskartellamt eingeplanten Ressourcen

Aus Sicht des VAUNET müssen die Ressourcen des Bundeskartellamtes so angelegt sein, dass digitale Gatekeeper auf verfestigten Märkten die Regelungslücke zwischen Digital Markets Act und nationalem Recht nicht weiter ausnutzen können. Es sollte kurzfristig evaluiert werden, ob es gerade wegen früherer Reformen des GWB zusätzlichen Nachholbedarf gibt.

  • Bei einigen Vorschriften zu den Eingriffsbefugnissen

Die Kontrolle über und der Zugang zu Daten sowie die Fähigkeit zur Analyse umfangreicher Datenmengen ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Die durch die Nutzung von Medieninhalten seitens der Plattformen generierten Daten müssen den Medienhäusern, die diese Inhalte produzieren und finanzieren, verstoßunabhängig zugänglich sein. Insofern sind die Befugnisse des BKartA zur Anordnung von Maßnahmen zur Gewährung des Zugangs zu Daten ein wichtiger Schritt.

Darüber hinaus regt der VAUNET die Ergänzung des Gesetzesentwurfs um „Maßnahmen zur Gewährleistung von Interoperabilität, Datenportabilität und für Zugang zu Leistungsinformationen“ an.

  • Bei der Durchsetzung des Digital Markets Act

Der VAUNET sieht das behördliche Durchsetzungsmonopol der Europäischen Kommission weiterhin sehr kritisch und appelliert an den Gesetzgeber, sich weiterhin für die komplementäre Durchsetzung des DMA einzusetzen, insbesondere im Rahmen der vorgesehenen Evaluierung des DMA.

  • Beim Adressatenkreis für Zusammenschlusskontrollen

Der VAUNET sieht aktuell weder einen Anlass noch eine Rechtfertigung, die bisher enthaltene Beschränkung auf Unternehmen, denen bundesweit eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zukommt, sowie die Bagatellschwelle zu streichen. Diese könnte zu einer potenziell ausufernden Anwendung der Zusammenschlusskontrolle führen.

Darüber hinaus sind auch in der 11. GWB-Novelle erneut Themenfelder noch nicht adressiert, die aus Sicht des VAUNET dringend einer Regelung bedürfen. Dazu zählen:

  • Die Überführung der Verbote (nach § 19a Abs. 2 GWB) in unmittelbar anwendbare (self-executing) Verbote zu prüfen, die neben der Durchsetzung durch das Bundeskartellamt auch dem private enforcement geöffnet werden.
  • Die Aufhebung der nicht nachvollziehbaren Unterscheidung zwischen den Mediengattungen „Presse“ und „Rundfunk“ und damit eine weitere Überarbeitung des GWB im Hinblick auf die Presse- und Rundfunkrechenklausel (Paragraf 38 Abs. 3 GWB)

Aus Sicht des VAUNET darf der Fokus der 12. GWB-Novelle – entgegen den bisherigen Verlautbarungen des BMWK – nicht allein oder primär auf dem Verbraucherschutz und verwandten Themen liegen.

Ansprechpartner:in
Dr. Christina Oelke

Stellvertretende Justiziarin

Tel. 0049 (0)30 39 88 0 111

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