13.02.2024 - Fünf Jahre nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wird die Europäische Kommission im Mai dieses Jahres einen Evaluierungsbericht vorlegen. In seiner Position im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zum Bericht betont der VAUNET die Bedeutung der DSGVO als Standard, auch über Europas Grenzen hinweg – adressiert jedoch mit Blick auf die werbefinanzierten privaten Medien Problemfelder.
Denn zahlreiche Fragen bleiben bei der Anwendung der DSGVO offen, was zu Rechtsunsicherheiten und in der Praxis zu Hürden für die Verbreitung digitaler privater und werbefinanzierter Medieninhalte führt. Dies widerspricht dem Ziel der DSGVO, den freien Verkehr personenbezogener Daten in der Union nicht einzuschränken.
Aus Sicht des VAUNET ergeben sich vier Problemfelder, die insbesondere für die werbefinanzierten privaten Medien von Bedeutung sind:
Datenverarbeitung zu Werbezwecken darf nicht nur auf die Nutzereinwilligung gestützt werden
Die DSGVO sieht verschiedene, gleichwertige Ermächtigungsgrundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten vor, darunter die Nutzereinwilligung sowie die „Wahrung berechtigter Interessen“, falls nicht andere Interessen nach einer Abwägung überwiegen. Trotz dieser klaren gesetzlichen Ausgangslage fokussieren sich die Datenschutzbehörden und die Rechtsprechung auf die Nutzereinwilligung, die damit zunehmend zur „Standardrechtsgrundlage“ zu werden scheint. Dabei wird die Relevanz der Datenverarbeitung zu Werbezwecken für die Refinanzierung der Medienverbreitung und damit für die Meinungsvielfalt nicht angemessen berücksichtigt.
Der VAUNET fordert, dass bei Verarbeitung personenbezogener Daten zu Werbezwecken berechtigte unternehmerische Interessen stärker beachtet werden müssen. Es braucht eine ausbalanciertere Auslegung der in der DSGVO festgehaltenen Ermächtigungsgrundlagen. Denn datenbasierte Refinanzierung von privaten Medieninhalten durch Werbung sichert Meinungsvielfalt.
Instrumentalisierung von Auskunftsansprüchen
Der Auskunftsanspruch bildet aus Sicht des VAUNET zu Recht einen zentralen Bestandteil der sog. Betroffenenrechte und eines effektiven Datenschutzes. In der Praxis wird er jedoch häufig instrumentalisiert, um kommerzielle Vorteile zu erhalten. Personen, deren Daten verwendet wurden, üben das ihnen zustehende Auskunftsrecht aus – allerdings nicht, um die Richtigkeit einer Datenverarbeitung zu überprüfen, sondern um Dokumentationen und Informationen zu erhalten, mit denen sie dann Fragen vor Gericht bringen.
Austausch und Beratung mit bzw. durch die Datenschutzaufsicht fördern
Die Beratungs- und Auskunftsfunktion der Datenschutzbehörden sollten stärker ausgeübt werden – vor allem mit Blick auf einen konstruktiven Dialog im Vorfeld förmlicher Verfahren. Darüber hinaus wäre es aus Sicht des VAUNET sinnvoll, wenn Unternehmen frühzeitig in die Erstellung von Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) einbezogen würden, um auf Risiken, Marktgegebenheiten und Potenziale hinzuweisen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass Änderungen an Leitlinienentwürfen nur noch in Einzelfällen im Anschluss an Konsultationen vorgenommen werden.
Rechtsakte müssen harmonisiert werden
(Digital-)Unternehmen müssen eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben umsetzen, die in ihren Anwendungsbereichen nicht klar voneinander getrennt sind, sondern Einzelaspekte regulatorisch erfassen. Die Folgen sind Rechtsunsicherheiten sowie bürokratische und administrative Hürden.
Der VAUNET betont, dass das Verhältnis der Datenschutzgrundverordnung zur E-Privacy-Richtlinie, zum AI-Act und Data Act sowie den datenschutzrelevanten Normen im Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA) klargestellt werden muss.
Zum Hintergrund
Die EU-Kommission verfasst alle 4 Jahre einen Bericht zur Evaluierung der DSGVO. Der erste Bericht wurde im Mai 2020 veröffentlicht. Gegenstand der Konsultation sind sämtliche Erfahrungen, Folgen, Auswirkungen und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der DSGVO. Zum Ablauf der Konsultationsfrist sind 260 Rückmeldungen bei der EU KOM eingegangen, nachdem der Europäische Datenschutzausschuss sowie der EU-Rat Stellung genommen hatten.