VAUNET-Maßnahmenpaket zur wirtschaftlichen Stabilisierung des privaten Rundfunks in der Corona-Krise

07.05.2020 - VAUNET plädiert für die Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur wirtschaftlichen Stabilisierung des privaten Rundfunks in der Corona-Krise.

Wirtschaftliche Stabilisierung des privaten Rundfunks in der Corona-Krise

Die Coronavirus-Pandemie stellt Politik, Gesellschaft und Wirtschaft vor enorme Herausforderungen, die gemeinsam und kooperativ über die nächsten Monate bewältigt werden müssen. Dem privaten Rundfunk kommt hierbei als Bindeglied eine erhebliche und systemrelevante Bedeutung zu.

Der VAUNET – Verband Privater Medien e.V. repräsentiert ca. 150 Unternehmen aus den Bereichen Fernsehen, Radio und Online und damit eine Vielfalt an Mediengattungen, großen, mittleren und kleineren, werbe- und abo-finanzierten Medienunternehmen. Im Vergleich zu anderen Branchen gilt Rundfunk als kritische Infrastruktur mit systemrelevanter Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen.

Radio- und TV-Programme erreichen über 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Die Tatsache, dass die Programme in der Krise noch intensiver genutzt werden, zeigt die zentrale Rolle, die sie in unserer Gesellschaft spielen. Sie liefern rund um die Uhr glaubwürdige Informationen und Berichte, erklären und unterhalten Millionen Bundesbürger. Die privaten bundes-, landesweiten, regionalen und lokalen TV- und Radiounternehmen spiegeln die Medien- und Meinungsvielfalt in Deutschland wider. Sie sind ein verlässlicher Anker, auch im Kampf gegen Fake News und Unsicherheit im Land.

Während die Redaktionen in der Krise auf Hochtouren weiterarbeiten, verbuchen die Sender erhebliche Umsatzeinbußen. Diese Situation bringt viele Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage und gerade kleinere sowie lokale und regionale Angebote stehen vor existenziellen Problemen.

Im Privatradio lagen die Umsatzrückgänge zuletzt bei 75 bis 80 Prozent pro Monat. Kleine lokale Anbieter verzeichnen Umsatzrückgänge von bis zu 90 Prozent. Auf das Gesamtjahr 2020 bezogen wird mit Umsatzrückgängen von 25 bis 30 Prozent gerechnet – sollten Maßnahmen verlängert werden, mit entsprechend höheren Einbußen. Für die TV-Werbung gehen Beobachter von bis zu minus 40 Prozent pro Monat aus, hier ebenfalls mit besonders starken Umsatzausfällen für kleinere sowie lokale und regionale Anbieter. Auch im Bereich der Abo-Erlöse sind signifikante Umsatzausfälle zu erwarten.*

Gleichzeitig ist die Rundfunkwirtschaft durch sehr hohe Fixkosten geprägt. Diese müssen in der Krise – trotz der erheblichen Corona-bedingten Umsatzausfälle – in voller Höhe getragen werden. Neben den Personalkosten stellen Verbreitungskosten einen der größten Fixkostenblöcke dar. Mitgliedsunternehmen geben mehrheitlich an, dass die Corona-bedingten Umsatzausfälle existenzbedrohend für ihr Unternehmen sind.

Die Sender sind auf schnelle und unbürokratische finanzielle Unterstützung angewiesen. Maßnahmen wie z. B. Liquiditätskredite oder andere Formen der Stundung können zwar kurzfristig Erleichterung verschaffen, sie lösen aber nicht dauerhaft das durch die Krise ausgelöste Wirtschaftlichkeitsproblem. Denn die Bankverbindlichkeiten, die heute Liquidität sicherstellen, müssen morgen zurückgezahlt werden. Je kleiner bzw. lokaler der private Rundfunkveranstalter ist, umso massiver ist der Druck, über das Jahresende hinaus zu überleben.

Ohne existenzsichernde Maßnahmen droht zudem das duale System endgültig aus dem Gleichgewicht zu geraten, dessen Stabilisierung der VAUNET seit langem fordert. Die erforderliche Innovationsfähigkeit im Wettbewerb zu den haushaltsabgabenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Angeboten würde auf lange Zeit gehemmt.

Vor diesem Hintergrund plädiert VAUNET für die kurzfristige Umsetzung des folgenden Maßnahmenpakets zur wirtschaftlichen Stabilisierung des privaten Rundfunks in der Corona-Krise. Im Vordergrund stehen dabei die zeitweise Übernahme von Infrastrukturkosten und der Verzicht der BNetzA auf Hoheitskosten sowie steuerliche Erleichterungen, z. B. im Wege der Rückschreibung krisenbedingter Verluste und Rücküberweisung bereits gezahlter Steuern sowie eines Anreizmodells für alle getätigten Werbeinvestitionen. Zur Koordinierung bestehender und künftiger Maßnahmen zur Sicherung der privaten Säule im dualen System sollte es auf allen politischen Ebenen (Bund, Länder, EU) Runde Tische mit den betroffenen Unternehmen geben. Programme, die nun nach den ersten Hilfspaketen z. B. für die Kultur- und Kreativwirtschaft aufgelegt werden, sollten berücksichtigen, dass daneben weitere sektorspezifische, auf die Branche individuell zugeschnittene Lösungen erforderlich sein werden.

 

Maßnahmenpaket zur wirtschaftlichen Stabilisierung des privaten Rundfunks

Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen in der Corona-Krise sollte das folgende Maßnahmenpaket kurzfristig umgesetzt werden:

1. Übernahme von Verbreitungskosten

Zur Aufrechterhaltung des Sendebetriebs wird eine zeitlich befristete Übernahme der technischen Verbreitungskosten sowohl für lokale, regionale/landes- und bundesweite Sender gewährt. Für den Fachbereich Radio und Audiodienste wird auf die verschiedenen Optionen zur Übernahme der technischen Verbreitungskosten und Verzicht der Frequenzschutzbeiträge (sog. Hoheitskosten) verwiesen.

2. Verzicht auf Frequenzschutzbeiträge (sog. Hoheitskosten)

Die Frequenzschutzbeiträge (sog. Hoheitskosten), von der BNetzA in Rechnung gestellt, werden für die Jahre 2017 bis 2020 erlassen.

3. Steuerliche Erleichterungen

  • Krisenbedingte Verluste werden steuerlich rückgeschrieben und bereits gezahlte Steuern aus dem Vorjahr rückerstattet.
  • Um ein Wiederanlaufen der Wirtschaft nach der Krise zu fördern, werden Anreize für Werbeinvestitionen im Bereich der Medien geschaffen, z. B. durch Steuergutschriften für werbende Unternehmen in Höhe von 30 Prozent der getätigten Werbeinvestitionen (Idee aus Italien, derzeit Prüfung in Frankreich und Spanien).
  • Jährliche technische Verbreitungskosten werden gegen die Umsatzsteuerlast in 2020 und der Folgejahre verrechnet (Idee aus Frankreich).
  • Der Umsatzsteuersatz für Medien wird auf 7 Prozent reduziert.

4. Einbuchung von Informations- und Spotkampagnen des Bundes/der Länder

  • Bei der Einbuchung von Informations- und Spotkampagnen des Bundes und der Länder wird der private Rundfunk berücksichtigt.
  • Hörfunk: Kampagnen des Bundes werden über die nationalen Vermarkter, die der Länder bei regionalen Vermarktern oder den Sendern direkt eingebucht.

5. Ersatz von Abbruch- und Verschiebekosten bei Produktionen oder für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen

  • Sonderprogramme der FFA und Länderförderer für geförderte Produktionen
  • Runder Tisch zwischen Politik, TV-Sendern und Produzenten

Neben den dringlichen finanziellen Maßnahmen sind auch ausgewogene regulatorische Voraussetzungen in und nach der Corona-Krise notwendig:

6. Flexibilisierung der allgemeinen Rahmenbedingungen

  • Umfassende Anerkennung als kritische und systemrelevante Infrastruktur auf Bundes- und Länderebene; Medien sind Teil der KRITIS, allerdings noch nicht im Sinne des BSI-Gesetzes
  • Förderung der Kosten für Media- und Funkanalysen
  • Liberalisierung auf Gesetzes- und Regulierungsebene für private Rundfunkveranstalter (z. B. Live-Streaming, Lizenz-, Programmauflagen, keine Abgaben-/ Gebührenerhöhungen etc.)
  • Erleichterungen von Fusionen im Rundfunkbereich i. R. d. GWB-Novelle, Zulässigkeit von Kooperationen, Lockerung von Beteiligungs-/Programmzahlbegrenzungen
  • Stopp von belastenden Gesetzesvorhaben (s. z. B. FFG-Novelle, GesE faire Verbraucherverträge)

7. Unterstützung auf EU-Ebene, insbesondere:

  • Erleichterungen bei der Gewährung von Beihilfen durch die Mitgliedstaaten
  • Ausweitung des MEDIA-Programms (Filmförderung auf EU-Ebene)
  • Finanzielle Unterstützung und Verbesserung der Rahmenbedingungen durch den Media and Audiovisual Action Plan
  • Überprüfung der Marktdefinitionen auf EU-Ebene

 

* Der Absatz zu TV enthält eine Einschätzung zu den Umsatzausfällen bei den Mitgliedsunternehmen, die sich beim Verband auf eine Abfrage gemeldet haben. Es besteht Einigkeit, dass Prognoseaussagen wegen der vielen noch bestehenden Unsicherheiten schwerfallen.

Ansprechpartner:in
Frank Giersberg

Geschäftsführer des VAUNET

Tel. 0049 (0)30 39 88 0 121

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