VAUNET kritisiert Referentenentwurf des BMJV zum Urheberrecht

17.11.2020 - Der VAUNET kritisiert in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts, dass mit der weitgehend unveränderten Übernahme der Vorschläge aus den Diskussionsentwürfen die Vorgaben des europäischen Gesetzgebers weiterhin missachtet und die auch verfassungsrechtlich geschützten wirtschaftlichen Interessen der Rechteinhaber negiert werden.

Aus Sicht des VAUNET wird mit dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) nicht nur das Ziel der Schaffung eines Level-Playing-Fields konterkariert. Vielmehr werden der deutschen Kreativwirtschaft, die sich in einem äußerst kompetitiven Umfeld mit internationalen Digitalkonzernen und Plattformen befindet, erhebliche Wettbewerbsnachteile auferlegt.

Profiteure dieser Gesetzgebung seien nicht etwa die Kreativen oder Urheber, sondern letztendlich allein die (marktbeherrschenden) User-Upload-Plattformen wie YouTube. Dabei machen sie kreative Inhalte zugänglich, um mit diesen fremden Inhalten Dritter über die Kuratierung und Werbeschaltung gigantische Einnahmen zu generieren und Profite zu erwirtschaften.

Würden die vorgeschlagenen Regelungen Gesetz, hätte dies tiefgreifende Veränderungen der Systematik des Urheberrechts, der Prinzipien der (Re-) Finanzierung und Lizenzierung urheberrechtlich geschützter Werke, verbunden mit einem weitreichenden Eingriff in die Wertschöpfungsprozesse bei der Ausübung von Rechten zur Folge.

Erläuterungen zur VAUNET-Stellungnahme

Die vorgeschlagenen Regelungen im Bereich der §§ 32 ff. UrhG-E sehen aus Sicht des VAUNET weit über die Vorgaben der DSM-Urheberrechts-Richtlinie (DSM-UrhR-RL) hinausgehende einseitige Verschärfungen des Urhebervertragsrechts zu Lasten der Verwerter und Rechteinhaber vor.

VAUNET fordert hier, dass der Gesetzgeber den Gestaltungsspielraum, den Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 der DSM-RL lässt, für eine Bereichsausnahme für den audiovisuellen Sektor im Hinblick auf die proaktive Berichtspflicht in § 32d UrhG nutzen müsse. Auch die in § 133 Abs. 3 UrhG-E vorgesehene Rückwirkung der Auskunftspflicht müsse gestrichen werden, ebenso wie das nicht in der DSM-UrhR-RL angelegte Verbandsklagerecht des § 36d UrhG. Die Möglichkeit der Ausgestaltung der Transparenzpflicht in Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) und Kollektivvereinbarungen müsse weiterhin uneingeschränkt möglich sein. Insofern sei der derzeitige § 32d Abs. 3 UrhG-E eine Scheinlösung.

Im Bereich der Umsetzung des Artikel 17 DSM-UrhR-RL stellen aus Sicht des VAUNET die Aushöhlung der urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte über § 4 Entwurf einesUrheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes (UrhDaG-E) sowie die (nicht in der DSM-UrhR-RL vorgesehene und europarechtswidrige) Bagatellschranke in § 6 UrhDaG-E und die Etablierung des Direktvergütungsanspruchs in § 7 UrhDaG-E einen grundlegenden Einschnitt in die bisherige Praxis der Rechteverwertung und letztlich eine einseitige Ausgestaltung zum Nachteil der Verwerter dar.

Im Hinblick auf die Umsetzung der Online-SatCab-Richtlinie sieht VAUNET die im Rahmen der Konsultation erhobene Forderung nach der Einbeziehung sog. „quasi-linearer Dienste“ in § 20b UrhG sowie die Forderung nach einer Änderung von § 87 Abs. 5 S. 3 UrhG kritisch. Denn richtigerweise sind zeitversetzte Fernsehangebote wie z. B. ReplayTV, Catch-Up, Personal Video Recorder, Instant Restart und Live-Pause gerade nicht unter den Begriff der Weitersendung i.S.d. § 20b Abs. 1 S. 1 UrhG-E zu subsumieren; eine in der Online-SatCab-RL nicht angelegte Erweiterung ist abzulehnen. Das wesentliche Tatbestandsmerkmal zur Differenzierung des Sende- und Weitersenderechts (§ 20 ff. UrhG) vom Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) sei die Zeitgleichheit der Sendung.

Aus Sicht des VAUNET ist es überdies positiv, dass die von der Online-SatCab-Richtlinie klar vorgegebene Differenzierung hinsichtlich der Lizenzierung von Senderechten zwischen der klassischen Kabelweiter“sendung durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme und anderer Formen der Weitersendung (wie mobile oder geschlossene internetprotokollgestützte (sog. IP) und ähnliche Netze oder über das offene Internet (sog. OTT) in § 87 Abs. 5 S. 3 UrhG-E nachgezeichnet wird. Insbesondere sei richtig und wichtig, dass Sendeunternehmen nicht verpflichtet sind, ihre kostenintensiv lizenzierten Programminhalte jedem Anbieter IP-basierter Dienste zur Verfügung zu stellen.

Ansprechpartner:in
Dr. Christina Oelke

Stellvertretende Justiziarin

Tel. 0049 (0)30 39 88 0 111

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