22.03.2022 - Der VAUNET hat im Rahmen eines öffentlichen Konsultationsverfahrens zum Verordnungsvorschlag der EU-Kommission für neue Kennzeichnungspflichten für politische Werbung Stellung genommen und warnt dabei vor einer nicht erforderlichen Überregulierung der Medienbranche.
Am 25. November 2021 hat die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag für neue Kennzeichnungspflichten für politische Werbung vorgestellt. Der Entwurf ist Teil der Umsetzung des im vergangenen Jahr vorgestellten Demokratie-Aktionsplans der EU und befasst sich mit dem Einsatz von Targeting- und Verstärkungstechniken im Zusammenhang mit der Veröffentlichung, Verbreitung oder Förderung politischer Werbung, die die Verarbeitung personenbezogener Daten beinhalten. Der VAUNET hat im Rahmen eines öffentlichen Konsultationsverfahrens zum Kommissionsentwurf Stellung genommen und warnt dabei vor einer nicht erforderlichen Überregulierung der Medienbranche.
Der Entwurf sieht neben dem grundsätzlichen Verbot des Targetings unter Verwendung personenbezogener Daten weitreichende Transparenz-, Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten für verschiedene an der Verbreitung von politischer Werbung Beteiligte vor. Dabei ist die im Verordnungsentwurf gewählte Definition von politischer Werbung deutlich weiter gefasst als etwa die der deutschen Medienregulierung.
VAUNET: Level-Playing-Field durch Regulierung von Online-Plattformen
In seiner Stellungnahme warnt der VAUNET v. a. vor einer nicht erforderlichen Überregulierung der Medienbranche durch eine Vielzahl horizontaler und sektoraler Verordnungen und Richtlinien – mit teilweise restriktiveren nationalen Umsetzungen und verbunden mit verschiedensten Aufsichtskonstellationen.
Der VAUNET begrüßt das Ziel der EU-Kommission, die Regulierung von politischer Werbung gerade im Online-Bereich an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Dies würde einen Schritt in Richtung eines Level-Playing-Fields bedeuten. Er appelliert jedoch an die Politik, keine generellen Transparenz- und Kennzeichnungspflichten zu schaffen, die in klassischen Rundfunkangeboten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umgesetzt werden können. Der Verordnungsentwurf ist insoweit konsequent auf Plattformen und Online-Dienste ausgerichtet – mit Ausnahme allerdings des Anwendungsbereichs.
Aus Sicht des VAUNET kann ein Level-Playing-Field in der konvergenten Medienwelt nur gelingen, wenn v. a. auch online hohe Standards an Transparenz, Reporting und Rechtsdurchsetzung gelten, die die Beschränkungen, die für lineare Rundfunkdienste bestehen, zumindest ansatzweise widerspiegeln. Im neuen Regelwerk zu politischer Werbung bedarf es daher keiner weiteren Regulierung für Rundfunk und rundfunkähnliche Telemedien, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen oder Transparenz- und Rechtsdurchsetzungsprobleme im Online-Bereich zu beheben.
Für den VAUNET und seine Mitglieder sind insbesondere die folgenden Punkte des Verordnungsvorschlags relevant, die Nachbesserungen bedürfen:
- Durch eine klare Abgrenzung von journalistisch-redaktionellen Inhalten und politischer Werbung muss sichergestellt werden, dass für die Meinungsbildung wertvolle journalistisch-redaktionelle Beiträge von Medienanbietern weiterhin ohne Einschränkungen angeboten werden können.
- Klares Verhältnis zu bestehenden Regelungen: Angesichts der Vielzahl an – teilweise neuen oder angekündigten – europäischen wie nationalen Regelungen mit Bezug zum Medienbereich müssen sämtliche Abgrenzungs- und Anwendungsbereichsvorschriften genauestens überprüft werden. Hier darf kein Interpretationsspielraum verbleiben.
- Die einheitlichen Regelungen für Targeting und Amplifizieren missachten, dass Einwilligungen von Nutzer:innen in frei zugänglichen Online-Angeboten schwieriger zu erlangen sind als in Account-basierten Angeboten.
- Für eine effektive Aufsicht und Durchsetzung der neuen Regelungen sollte eine einheitliche Behörde, wie etwa die Landesmedienanstalten, zuständig sein. Zudem sollte die Option einer Selbstregulierung eröffnet werden.
Zum Hintergrund
Ziel der Kommission ist es, politische Werbung europaweit einheitlich zu regeln und dem Problem intransparenter Werbekampagnen, sog. Dark Ads, rund um demokratische Wahlen, illegale Wahlbeeinflussung von außen und der Verbreitung von Desinformation zu begegnen. Ein Schwerpunkt der neuen Transparenzvorschriften liegt demnach auf dem Umgang mit der zielgerichteten Adressierung von Nutzer:innen mittels politischer Werbung. Gelten soll das Gesetz und damit die Transparenzregeln auch für alle Diensteanbieter, die politische Werbung ausspielen. Die angedachten Sanktionen bei Nicht-Einhaltung der Regeln orientieren sich an der DSGVO mit Strafen von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes.
Vorschlag für eine Verordnung über Transparenz & Targeting von politischer Werbung (25.11.2021)