Europapolitik: Für eine vielfältige, kreative und innovative europäische Medienpolitik

23.01.2020 - VAUNET appelliert an die europäischen Entscheidungsträger, auch bei sektorspezifischer Regulierung die vom Verband aufgeworfenen medienpolitischen Leitlinien im Blick zu halten. In der aktuellen Legislaturperiode sollte für eine Politik eingestanden werden, die den Erhalt einer nachhaltigen Medienlandschaft, kultureller Vielfalt und des demokratischen Diskurs gewährleistet.

Prioritäten des VAUNET (2019 – 2023)

Vorbemerkung

VAUNET ist der Spitzenverband der audiovisuellen Medienunternehmen in Deutschland. Seine rund 140 Mitglieder bereichern Europas und Deutschlands Medienlandschaft durch Vielfalt, Kreativität und Innovation. Sie sind inzwischen schon lange nicht mehr nur Fernsehen und Radio im klassischen Sinne, sondern bieten eine große Auswahl an On-Demand-, User-Generated-Content- und Social-Media-Plattformen sowie weitere attraktive interaktive Dienste an. Die privaten Sendeunternehmen erreichen mit ihren Angeboten ein Millionenpublikum und sind gleichzeitig ein enormer Faktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit zentraler Treiber der Digitalisierung. Private deutsche Radio- und Fernsehunternehmen stehen für ein Umsatzvolumen von mehr als 10 Milliarden Euro, bei Einbeziehung der vor- und nachgelagerten Stufen sogar für ein Vielfaches dessen.

Damit die Medien ihren Beitrag zur Medien- und Meinungsvielfalt in einer konvergenten und globalen Medienrealität erfolgreich leisten können, ist ein stabiler regulatorischer Rahmen notwendig. Noch immer sind Radio- und Fernsehunternehmen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern am stärksten reguliert. Die in den einzelnen Rechtsakten z. B. im Urheber- und Datenschutzrecht drohenden Einschnitte führen zu einer Gefährdung der Geschäftsmodelle und erschweren die Refinanzierung von Inhalten. VAUNET appelliert an die Entscheidungsträger, auch bei sektorspezifischer Regulierung die folgenden Leitlinien im Blick zu halten. In der vorliegenden Legislaturperiode sollte für eine Politik eingestanden werden, die den Erhalt einer nachhaltigen Medienlandschaft, kultureller Vielfalt und des demokratischen Diskurses gewährleistet.

1. Medien stärken die Demokratie

Im Rahmen des von der EU-Kommission angekündigten Aktionsplans für Demokratie sollten auch die privaten Sender als unabhängige Medien eine zentrale Rolle spielen. Radio und Fernsehen sind die meistgenutzten Medien und beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Sie stiften gesellschaftliche Identität und bieten Orientierung. Gerade in Zeiten großer Veränderungen können sowohl Information als auch Unterhaltung das Bindeglied einer Gesellschaft bilden. Sie spielen vor dem Hintergrund fragmentierter Informationslandschaften eine zentrale Rolle bei der Erstellung, Verbreitung und Überprüfung von Informationen und leisten einen essentiellen Beitrag zum politischen Diskurs. Die Sicherung der journalistischen Freiheit ist für die Demokratie überlebenswichtig. Gesetze zur Strafverfolgung, zur Terrorbekämpfung oder anderer Bereiche müssen dies immer berücksichtigen.

2. Medienvielfalt durch Wettbewerbsfähigkeit sichern

Ein möglicher Aktionsplan für Medien sollte das Gesamtbild des Medienmarktes berücksichtigen. Die Refinanzierung der Medien darf nicht durch kleinteilige Regulierung wie z. B. durch Werbeverbote, Pflichthinweise, übermäßige Verbraucherschutzvorschriften oder Einschränkungen in der Vertragsfreiheit konterkariert werden. Ziel muss es sein, europäische Champions im Medienbereich zu schaffen. Für die Medien ist dabei ein innovationsfreundlicher Datenschutz unverzichtbar. Die lange diskutierte E-Privacy-Verordnung darf nicht ohne Not marktdominante Plattformen einseitig stärken und ihren Datenreichtum mehren.  Die Ermöglichung digitaler Geschäftsmodelle und Zukunftschancen der klaren Mehrheit der Unternehmen in Europa sollte im Vordergrund stehen. Finanzierungsprogramme wie Creative Europe und Horizon Europe ergänzen diese Ziele, um die Medien bei der Umsetzung der digitalen Transformation zu unterstützen.

3. Gatekeeper-Funktion von Online-Plattformen bleibt Herausforderung

Plattformen, Browser oder Betriebssysteme haben es als Gatekeeper in der Hand, den Zugang zu Medieninhalten, deren Auffindbarkeit und Vermarktung zu steuern. Das europäische wie nationale Recht muss diskriminierungsfreie(n) und chancengleiche(n) Zugang und Auffindbarkeit des privaten Rundfunks auf Plattformen sowie bei Intermediären sicherstellen, um Angebots- und Anbietervielfalt zu garantieren. Der Schutz der Rundfunkprogramme vor Überblendungen und illegaler Weiterverbreitung sollte zudem sichergestellt werden. Der von der Ministerpräsidentenkonferenz kürzlich verabschiedete Medienstaatsvertrag ist auch für Europa eine richtungsweisende Grundlage. Um die eigenen Inhalte, die über Plattformen verbreitet werden, besser vermarkten und finanzieren zu können, sind die Sender auf die Daten der Plattformen angewiesen und sollten Zugang zu diesen Daten erhalten.

4. Gesunder Produktionsstandort braucht starkes Urheberrecht

Das geistige Eigentum ist der Rohstoff Europas und Schlüssel zu einer wettbewerbsfähigen und vielfältigen Kreativwirtschaft. In der letzten Legislaturperiode hat sich VAUNET für den Erhalt der territorialen, exklusiven Vergabe und Lizenzierung von Rechten stark gemacht und sich gegen Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Sendeunternehmen gewehrt. Für die Überprüfung der Geoblocking-Verordnung besteht diese Forderung uneingeschränkt fort. Es gilt, die Rechtsverfolgung bei Verletzungen geistigen Eigentums zu verbessern und Plattformen effektiv in die Verantwortung zu nehmen, so wie es derzeit im Zuge eines Digital Services Act diskutiert wird.

5. Wettbewerbsrecht muss eine faire digitale Welt schaffen

Die Sicherung der Medienvielfalt muss fester Baustein im Prüfkatalog der europäischen und nationalen Institutionen sein. Das Kartellrecht muss eine Marktbetrachtung anwenden, die den dynamischen Entwicklungen der Medienbranche Rechnung trägt. Bei neuartigen und innovativen Kooperationsformen, etwa produkt- oder branchenspezifischen Vertriebsplattformen, sollte die kartellrechtliche Einschätzung kein mögliches Umsetzungshindernis darstellen. Die Bedeutung des Zugangs zu wettbewerbsrelevanten Daten, die zunehmend durch sektorübergreifende marktmächtige Plattformen gesammelt werden, sollte dringend mehr Aufmerksamkeit erfahren. Die marktmächtigen Stellung der Plattformen auf dem Online Werbemarkt sollte weiter geprüft werden.  Auch ein ausgewogenes Vertragsverhältnis von Plattformen zu gewerblichen Unternehmen (Platform-to-Business) sollte im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode stärker adressiert werden. Die vertikale Integration von Plattformen verbunden mit ihrer Gatekeeper-Funktion muss zudem unter einem technischen Blickwinkel betrachtet und die Bevorzugung eigener Dienste reguliert werden. Der Grundsatz der Netzneutralität bleibt dabei eines der Kernprinzipien.

6. Effiziente Verbreitungswege sichern Medienvielfalt

Sowohl Radio als auch Fernsehen werden über verschiedene Verbreitungswege übertragen (terrestrisch, Satellit, Kabel, IP). Innovative Verbreitungswege, wie z. B. 5G, könnten auch für Rundfunk neue Möglichkeiten eröffnen. Die dem Rundfunk bis 2030 gewidmeten Frequenzen unterhalb von 700-MHz sollten daher im Rahmen der Diskussionen zur Weltfunkkonferenz 2023 für den Rundfunk erhalten werden.

7. Besteuerung darf nicht zu Doppelbelastungen führen

Mit Blick auf den verschärften internationalen Steuerwettbewerb hat VAUNET die Intention der europäischen Institutionen begrüßt, faire Wettbewerbsbedingungen in Europa zu schaffen. Die Einführung einer Digitalsteuer sollte das konkrete Risiko der Doppelbesteuerung europäischer Unternehmen ausschließen.

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Ansprechpartner:in
Daniela Beaujean

Geschäftsführerin des VAUNET

Tel. 0049 (0)30 39 88 0 112

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