Work-Life-Blending, Digital Leadership oder das Büro der Zukunft als Hub für Co-Creation: Corona-Krise und digitale Vernetzung haben den Megatrend New Work weiter beschleunigt – und auch „Media goes New Work“. Die VAUNET-Taskforce wirft ein Schlaglicht auf die Zukunft der Arbeit bei den privaten Medien und fördert den verbandsübergreifenden Wissenstransfer.
Das Herz des neuen RTL Audio Centers Berlin am Ku‘damm ist der Kommunikations-Hub: Hier kommen die Mitarbeiter:innen zusammen, zum Austausch, für eine Kaffeepause oder zum Kochen in der Gemeinschaftsküche. Wie die neuen Büroräume gestaltet sind, das haben sie mitentschieden bei der Planung und Konzeption ihres neuen Audio Centers. Ursprünglich verteilt auf drei Etagen sind alle auf einer gemeinsamen Etage zusammengezogen. Der Charakter des Unternehmens mit seiner event-, hauptstadt- und radiobezogenen Atmosphäre ist kreativ in die Gestaltung der Räumlichkeiten eingeflossen – hier werden aus Mikrofonen Hängelampen. Begegnung, Kommunikation und Kollaboration bestimmen auch den Bau des „New Campus“ von ProSiebenSat.1 bei München. Es wird in Flächen gedacht, die unterschiedlichen Funktionen dienen – so treffen sich die Kreativen zum Brainstorming, die Produktion hat eigens dafür ausgerichtete Räume mit der entsprechenden Technik, und für die Daten-Spezialisten gibt es Rückzugsräume für die Stillarbeit. Das Motto: ade personalisierte Einzelbüros, willkommen im Büro der Zukunft, ein Ort der Begegnungsstätte.
Das Büro der Zukunft als Hub für Co-Creation? Work-Life-Blending, Digital Leadership und Remote Management: Alles nur „New Work“-Buzzwords oder die Neuerfindung der Arbeitswelt? Der Begriff „New Work“ wurde bereits in den 1970er Jahren von dem Sozialphilosophen Prof. Dr. Frithjof Bergmann geprägt: Der arbeitende Mensch ist nicht mehr bloßes Instrument mit dem Zweck, bestimmte Arbeitsaufgaben zu erfüllen, wie in der Zeit der industriellen Revolution. Bei New Work wird Arbeit zum Mittel der Selbstverwirklichung durch eine sinnstiftende Arbeit, Freiheit und Selbstständigkeit. Was das konkret heißt? Im Kern geht es darum, dass die Arbeit mehr mit den je individuellen Interessen, Werten und Überzeugungen in Einklang stehen soll.
Und auch „Media goes New Work“: Die Arbeit „on air“ verändert sich – wenn man als Radiomoderator die Morning-Show vom heimischen Sofa aus moderiert, während der Partner nebenan duscht und die Sendung von fröhlichem Plätschern und Duschgesang unterlegt ist. Bei New Work in der Medienbranche geht es aber um viel mehr als nur Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten. Es geht um kooperative Arbeitsmodelle und projektbasierte, integrierte Teamarbeit. Es geht um ein neues Verständnis von Arbeit im andauernden Strukturwandel der Digitalisierung und im Wettbewerb um Marktanteile wie um Mitarbeiter:innen. Zahlreiche neue Berufsfelder sind auch jenseits von Redaktion, Kreation und Produktion entstanden, die die Medienbranche nachhaltig verändern – von der Daten-Spezialistin, über den Chief Information Officer bis hin zur Nachhaltigkeitsbeauftragten. Die privaten Medien begleiten und gestalten diese Entwicklungen als eine der innovativsten Branchen seit langer Zeit aktiv mit, auch bereits lange vor der Corona-Pandemie, die der Entwicklung unbestritten einen weiteren Schub verliehen hat.
Was sich alles hinter dem Buzzword „New Work“ verbirgt, wie diese Konzepte die Arbeitswelt neu erfinden und verändern, und vor allem wie New Work in der Medienbranche seinen Stempel hinterlässt – damit beschäftigt sich die VAUNET-Taskforce „New Ways of Working“. Sie bietet ein Forum für den Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer rund um New-Work-Themen für unsere Mitglieder sowie mit Expert:innen und Pionier:innen im Rahmen von Workshops und Diskussionen. Themenschwerpunkte im vergangenen Jahr waren Leadership, das Büro der Zukunft und Recruiting.
Durch was zeichnet sich erfolgreiches Leadership in Zeiten von New Work (und Corona) aus?
Ein, wenn nicht sogar der Schlüssel zum Erfolg ist die regelmäßige und offene Kommunikation der Führungskräfte, und dass gleiche Regeln für alle gelten. Das Feld der internen Kommunikation wird hier zur Königsdisziplin, der Fokus liegt dabei auf einem Change-Prozess, der von der Geschäftsleitung gelebt und klar kommuniziert wird. Mitarbeiter:innen und ihre Wünsche müssen in Entscheidungen, die das Unternehmen und die Belegschaft betreffen, eingebunden werden.
Wie sieht der Standort eines modernen Medienunternehmens aus?
Flexibilität wird großgeschrieben. Das war eines der zentralen Ergebnisse aus der Diskussion mit Expertin Julia von Dewitz, Managing Partner bei NEOFAKTUR, beim VAUNET-Workshop „Raumkonzepte der Zukunft“. Ein Mix aus Büroarbeit, Homeoffice und sog. „3rd Place-Optionen“, also die Möglichkeit remote von einem anderen Ort – dem Elternhaus, aus dem Ausland oder einfach aus dem Lieblingscafé um die Ecke – unabhängig zu arbeiten, bestimmt das Verständnis von flexibler Arbeit. Gleichzeitig sind in den Büros Gemeinschafts- und Kommunikationsflächen wichtig, denn eine Unternehmenskultur entsteht durch gemeinsame Arbeit. Personalisierte Einzelbüros oder Schreibtische gehören dabei der Vergangenheit an – Desk Sharing & Co-Working sind jetzt das Maß der Dinge.
Welche Erwartungen werden an Unternehmen gestellt und was bieten sie neuen Talenten in der „Arbeitswelt der Zukunft“?
Mit der verändernden Vorstellung von Arbeit wird der Beruf der HR-Chef:innen Dreh- und Angelpunkt im Wettbewerb um neue Talente. Eng geschnittene Profile für Berufseinsteiger:innen in der Medienbranche wie Redakteur:in oder Kameramann oder -frau sowie starr vorgegebene Karriererichtungen sind einem Pool von zahlreichen Berufsmöglichkeiten gewichen. Es zählt, was für den oder die Einzelne:n wichtig ist, flexible Entwicklungspläne und Karriereschritte, die auch mal in eine andere Richtung gehen als ursprünglich geplant.
„Die Arbeitswelt befindet sich im stetigen Wandel und hat durch die Digitalisierung und insbesondere durch die Corona-Pandemie nachhaltige Veränderungen erlebt. Mit der VAUNET-Expertengruppe verfolgen wir das Ziel, den Dialog und den Wissensaustausch innerhalb der Mitgliedsunternehmen, der Medienbranche sowie über Branchengrenzen hinaus zu fördern. Zu den diskutierten Themen gehören u. a. Aspekte wie Change-Prozesse, neue Raum- und Flächenkonzepte der Büros, New Leadership und Recruiting. Diese und weitere spannende New-Work-Aspekte werden wir in unseren kommenden Meetings und Workshops kontinuierlich weiterbegleiten.“