Koalitionsvertrag in Niedersachsen: Stärkung des Medienstandortes geplant

In Niedersachsen haben SPD und Bündnis90/Die Grünen am 7. November 2022 ihren Koalitionsvertrag „Sicher in Zeiten des Wandels“ unterzeichnet. Für die nächsten fünf Jahre haben sich beide Parteien vorgenommen, unter anderem den Medienstandort Niedersachsen zu stärken.

Dazu sollen beispielsweise ein Runder Tisch zur Förderung von Qualitätsjournalismus angestoßen, die Filmförderung erhöht und der Glasfaserausbau vorangetrieben werden. Die Parteien erkennen an, dass auch „die privaten Rundfunksender unter den Auswirkungen der Corona-Krise gelitten haben”.

Die Koalitionspartner haben in ihrem Vertrag festgehalten, dass eine „vielfältige und freie Medienlandschaft eine der Grundsäulen unserer Demokratie ist” und es daher eine „Vielfaltssicherung der Medien braucht.” Dabei erkennen die Parteien die wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen der Rundfunk steht, an: „Wir nehmen (…) wahr, dass insbesondere Verlage und Rundfunksender unter den Auswirkungen der Corona-Krise gelitten haben.“ Die Koalition will zur Abfederung der aktuellen Energiekrise einen allgemeinen Rettungsschirm von einer Milliarde Euro einrichten, der unter anderem dem Mittelstand zugutekommen soll.

Als eine Maßnahme zur Unterstützung der Medien soll ein Runder Tisch zur Förderung von Qualitätsjournalismus in Niedersachsen angestoßen werden. Auf Bundesebene will sich die Koalition für weitere Hilfen für Journalismus und Verlage, etwa im Bereich der Distribution und Digitalisierung, einsetzen. Außerdem soll der Qualitätsjournalismus bei der Aus- und Weiterbildung in privaten und nicht-kommerziellen Rundfunkanstalten sowie in regionalen Verlagshäusern gefördert werden. Um der Medienkonzentration entgegenzuwirken, planen SPD und Bündnis90/Die Grünen den nicht-kommerziellen Bürgerfunk für Niedersachsen stärker zu fördern. Beide Parteien sehen die Notwendigkeit einer verbesserten Finanzmittelausstattung für die Medienanstalt. Diese soll aber nicht zulasten der Förderung des nicht-kommerziellen Rundfunks oder der Filmförderung erfolgen.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll finanziell abgesichert werden

Die Koalitionspartner wollen sich für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen und ihn finanziell absichern, „insbesondere für qualitativ gut aufbereitete Informationen, kompetente Recherche, vertrauenswürdigen Journalismus und das Aufrechterhalten einer vielfältigen Meinungslandschaft“. In welcher Form die Finanzsicherung erfolgen soll, bleibt offen. Auch wird mit dem Verweis auf den Informationsbereich deutlich, was beide Parteien als Kernbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betrachten. SPD und Bündnis90/Die Grünen erwarten künftig „klare und einheitliche Regelungen“ für die Mitarbeitenden sowie „transparente Strukturen und eine innere Verfasstheit, die Meinungsvielfalt und Pluralismus auch innerhalb der Sender (…) ermöglicht.“ Die Politik fordert vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein barrierefreies Programm, dass alle gesellschaftlichen Gruppen abbildet und auch für junge Menschen ein attraktives Programm „ausstrahlt”. Formuliertes Ziel des Koalitionsvertrages ist außerdem, dass sich die Angebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten stärker untereinander und „auch mit anderen Beteiligten aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur“ vernetzen. Die Rundfunkanstalten sollen ihre Mediatheken zu einer gemeinsamen Plattform für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterentwickeln. Als notwendig wird erachtet, dass sowohl eigen- als auch auftragsproduzierte Inhalte länger als bisher in den Mediatheken vorgehalten werden können.

Die Koalitionspartner wollen prüfen, ob die Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestärkt werden müssen, um gegebenenfalls sicherstellen zu können, dass „in den Formaten und Inhalten die Vielfalt und die Pluralität, aber auch die Attraktivität für alle Altersgruppen abgebildet” werden. Auch die Zusammensetzung des NDR-Rundfunkrates soll auf Pluralität und Diversität geprüft werden.

Filmförderung: Mehr Mittel und weniger Bürokratie beim Antragsverfahren

SPD und Bündnis90/Die Grünen streben eine Erhöhung der Mittel für die Filmförderung und eine Vereinfachung des Antragsverfahrens an. Zudem soll ein Niedersächsischer Filmpreis mit dem Fokus auf regionaler Produktion und den filmschaffenden Nachwuchs vergeben und nach Prüfung Nachwuchsstipendien verliehen werden.

Die neue Koalition will auch ein modernes und umfassendes Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz sowie ein Transparenzregister schaffen. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet soll personell deutlich gestärkt werden und zusätzliche Fortbildungsmöglichkeiten, IT-Technik und Unterstützung erhalten.

Der Kinder- und Jugendschutz wird in der gemeinsamen Regierungszeit von SPD und Bündnis90/Die Grünen in Niedersachsen weiter in den Fokus rücken: Die Koalitionspartner planen, sich für eine „wirksame Verbesserung zum Wohl von Kindern und Jugendlichen“ mittels „einheitlichen und leicht verständlichen Regelungen über alle unterschiedlichen Dienste und Plattformen hinweg“ einzusetzen. Außerdem wollen sie in Abstimmung mit Europa, dem Bund und den Ländern „weiter Mechanismen für den Kinder- und Jugendschutz finden.“ Dabei wird die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz mit „voller Kraft” unterstützt. Des Weiteren sollen die Medien- und Ernährungskompetenz von Heranwachsenden gestärkt werden. Die Initiative des Bundes zu einem „Runden Tisch Bewegung und Gesundheit“ wird begrüßt. Es soll geprüft werden, diesen Dialog auch in Niedersachsen zu führen.

Mit einer Green-IT-Strategie möchte man alle Digitalisierungsprogramme und -anstrengungen des Landes auf Klimaneutralität umstellen. Die Koalition will den Um- und Ausbau CO2-neutraler Rechenzentren fördern und eine Open-Data-Kultur unterstützen. Die Verbraucherzentralen werden eine gezielte Unterstützung bei der Anwendung der Europäischen Verbandsklage erfahren.

Corona-Abfederung für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Regierungsparteien ordnen die Kultur- und Kreativwirtschaft als „eine der leistungsstärksten und personalintensivsten Branchen Niedersachsens“ ein. Da die Branche wie kaum eine andere von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen ist, wollen SPD und Bündnis90/Die Grünen zusammen mit den Kommunen für eine bessere Vernetzung der Akteure eintreten und prüfen, wie Gründungen im Kultur- und Kreativbereich stärker unterstützt werden können.

Um den Glasfaserausbau in Niedersachsen zu beschleunigen, sollen die Genehmigungsverfahren und Förderstrukturen vereinfacht und digitalisiert und die Graue Fleckenförderung optimiert werden. Zudem soll, wie auch für den Mobilfunkbereich, durch Open Access eine Öffnung der Strukturen für Transparenz und Wettbewerb erreicht werden. Die Koalitionspartner planen, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass „schnelles Internet Teil der Daseinsvorsorge als sich weiterentwickelnde Universaldienstleistung wird.“

Zum Koalitionsvertrag zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) Landesverband Niedersachsen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen

 

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