04.05.2022 - Die britische Regierung plant, den Rundfunksektor zu reformieren. Sie hat dazu ein Strategiepapier (Policy Paper) vorgelegt, das unter anderem Regulierungsvorschläge zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, für die Privatradios, Streamingdienste und den Werbemarkt enthält. Kernpunkt der Reformüberlegungen sind neue Finanzierungs- und Auftragsbestimmungen für die BBC.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht vor umfassenden Änderungen. Der Auftrag und die Finanzierung, insbesondere der BBC, sollen überprüft werden. Es ist geplant, die Rundfunkgebühr bei 159 Pfund für zwei Jahre einzufrieren. Anschließend soll sie entsprechend der Inflation steigen. Auch soll die BBC künftig höhere Kredite aufnehmen können. Zugleich ist eine Verschlankung des Auftrags geplant, der mehr Flexibilität ermöglicht. Dies beinhaltet u. a. auch die Präsenz auf Drittplattformen und die Stärkung regionaler Berichterstattung in der BBC und bei den Regionalsendern (z. B. S4C). Öffentlich-rechtliche Inhalte sollen künftig auf TV-Plattformen leichter auffindbar sein. Beim Programm Channel 4 soll ein Eigentümerwechsel vollzogen werden. Die britische Regierung versichert, dass „Channel 4“ als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestehen bleiben soll. Anders als in Deutschland können in Großbritannien sowohl öffentlich-rechtliche Sender als auch private Anbieter Teil des „Public Service Broadcasting“ sein. Voraussetzung dafür ist der Beitrag zum Public Value. Demnächst soll geprüft werden, ob das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für weitere private Anbieter geöffnet werden kann. Das Policy Paper hebt hier die Sendeleistungen von Sky und Discovery hervor.
Regulierung der großen Streaming-Plattformen
Größere Video-on-Demand-Anbieter sollen zukünftig unter die Aufsicht der Medienaufsichtsbehörde Ofcom fallen, da sie als Wettbewerber zu den öffentlich-rechtlichen Programmen gesehen werden, sobald ihre Inhalte auf das britische Publikum zugeschnitten sind. Die Ofcom ist beauftragt, einen Video-on-Demand-Kodex zu entwerfen, der dem Rundfunkkodex ähnelt, um die Standards fernsehähnlicher Angebote zu harmonisieren. Mit dieser Vorkehrung soll das britische Publikum besser vor gefährlichen Inhalten geschützt werden und sich einfacher bei der Ofcom beschweren können.
Sicherung der UKW-Frequenzen bis 2030
Die Regierung formuliert auch Ziele zur Reform des privaten Hörfunks. Eine UKW-Abschaltung soll nicht vor 2030 erfolgen. Sie sieht aber die Notwendigkeit, den laufenden Übergang zum digitalen Radio zu fördern. Auch die Regeln für die Produktion von Lokalradioprogrammen sollen reformiert werden, wobei die Notwendigkeit von Lokalnachrichten betont wird.
Das Vereinigte Königreich hebt hervor, seine Mitgliedschaft im Abkommen des Europarats zum grenzüberschreitenden Fernsehen beizubehalten und möchte auch weiterhin auf europäischer Ebene den kulturellen Austausch fördern.
Werbung: Beschränkungen und faire Wettbewerbsbedingungen
Die britische Regierung plant Beschränkungen für die Werbung für weniger gesunde Lebensmittel und Getränke, um die Fettleibigkeit bei Kindern zu bekämpfen. Da man sich bewusst ist, dass diese neuen Beschränkungen Auswirkungen auf die künftigen Einnahmequellen der Fernsehsender haben werden, sollen Ausnahmen und Befreiungen eingeführt werden.
Des Weiteren will die britische Regierung prüfen, auf welche Weise gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Rundfunk- und Online-Werbung geschaffen werden können, einschließlich der Frage der Haftung von Plattformen, und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Verantwortlichkeit und Transparenz eingeführt werden könnten.
Strategiepapier der britischen Regierung zur Reform des Rundfunksektors (29.04.2022; in English)