02.04.2024 - Am 26. März 2024 hat der Rat der Europäischen Union das Medienfreiheitsgesetz (European Media Freedom Act, EMFA) verabschiedet. Mit Ausnahme Ungarns stimmten alle Mitgliedsstaaten der EU für das Gesetz. Der EMFA hat zum Ziel, vielfältige staatsferne und unabhängige Medien in Europa zu befördern. Der VAUNET hat eine Analyse des finalen Textes vorgenommen.
Der EMFA fokussiert sich in seiner finalen Fassung auf die folgenden Bereiche:
- Transparenz der Beteiligungsverhältnisse an Medienunternehmen,
- Unabhängigkeit von Medienunternehmen,
- Bedingungen für das Funktionieren der Medien,
- Konvergenz und Zusammenarbeit im Regulierungsbereich und
- die transparente Zuweisung staatlicher Mittel.
Vor allem dank des Einsatzes des Europäischen Parlaments und der deutschen Länder konnten einige Verbesserungen im EMFA – auch im Sinne des VAUNET – erzielt werden, indem z. B. Big-Tech-Plattformen stärker in den Blick genommen wurden, sei es durch die zeitgemäße Einbeziehung von Big-Tech-Plattformen bei der Bewertung von Konzentrationen auf Medienmärkten (Art. 22 EMFA), bei der Reichweiten-Messung (Art. 24 EMFA) oder indem für Nutzer:innen eine bessere Sichtbarkeit von Audio- und audiovisuellen Medien auf Endgeräten und Benutzeroberflächen vorgesehen wird (Art. 20 EMFA).
Gleichzeitig schafft das Medienfreiheitsgesetz Unwägbarkeiten, beispielweise:
- im Verhältnis zum nationalen Recht (drohende Doppelstrukturen beim Medienmarktkonzentrationsrecht).
- durch eine verfestigte Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wettbewerb zu den privaten Medien (Art. 5 EMFA).
- indem kommerzielle, marktmächtige Big-Tech-Plattformen (VLOPs) trotz verfahrensrechtlicher Absicherungen eine stärkere Kontrolle über journalistisch-redaktionelle Inhalte ausüben können (Art. 18 EMFA).
- indem das neue Board in seiner unabhängigen Arbeitsweise nicht vollständig von der EU-KOM abgekoppelt werden konnte.
Es bleibt dabei: Ein möglicher Mehrwert des EMFA wird sich in Zukunft beweisen müssen. Das gilt sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Anpassungsbedarf nationaler Bestimmungen
Welcher Anpassungsbedarf z. B. im Medienstaatsvertrag im Hinblick auf das Medienkonzentrationsrecht (Art. 22), die Transparenzbestimmungen gem. Art. 6 Abs. 2 (nationale Datenbank zum Medieneigentum inkl. jährlicher Zuweisungsbetrag staatlicher Werbung) sowie im Hinblick auf gefahrenabwehrrechtliche Vorschriften auf Bundesebene (Schutz journalistischer Quellen, Art. 4) bestehen wird, ist noch unklar. Auf Länderebene wird zur „Umsetzung“ des EMFA dem Vernehmen nach eine eigene AG eingerichtet.
Guidelines
Eine nicht zu unterschätzende Rolle könnten auch die im EMFA vorgesehenen Leitlinien spielen. Ein Zeitplan zum Erlass durch die EU-KOM, z. B. zur Publikumsmessung (Art. 24 Abs. 4), zu Medienfusionen (Art. 22 Abs. 3), zur Prominence audiovisueller Mediendienste von allgemeinem Interesse (Art. 16 Abs. 2 S. 1 a) oder zur Bereitstellung von Informationen über die Eigentümerstruktur von Mediendiensteanbietern (Art. 16 Abs. 2 S. 1 b) ist offen. Die zuständige Unit in der EU-KOM erarbeitet derzeit wohl einen Umsetzungszeitplan. Zu welchen Guidelines es dann öffentliche bzw. sogenannte targeted Konsultationen geben wird, steht noch nicht fest.
Hier können Sie den finalen EMFA-Text in der deutschen Sprachfassung abrufen. Im Downloadbereich steht ein Memo mit einer detaillierteren Analyse des finalen Textes zu den für den VAUNET besonders relevanten Artikeln des EMFA bereit. Bitte achten Sie darauf, dass die Nummerierung sich durch die Umwandlung eines Art. 6a in Art. 7 geändert hat, so dass alle Artikel danach eins „weitergerutscht“ sind.
Der EMFA wird 20 Tage nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten. Einzelne Bestimmungen werden jedoch erst 6 bis 36 Monate später zur Anwendung kommen. Als Verordnung wird der EMFA unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten.