16.01.2023 - Der EMFA soll Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien in der EU stärken. Damit verfolgt er zwar die richtigen Ziele, doch kann das gewählte Rechtsinstrument der Verordnung im Medienbereich nur in wenigen Fällen in Betracht kommen. Der Entwurf adressiert Vielfaltsanliegen und verknüpft diese mit der Binnenmarktförderung, bringt Rechtsunsicherheiten und Verwaltungsaufwand mit sich – und hat dabei kaum eine Chance, seine Ziele zu erreichen.
Der Verordnungsvorschlag enthält vielschichtige Vorschriften zu der Unabhängigkeit von Medienunternehmen und redaktioneller Entscheidungen, der Zuteilung staatlicher Werbung, den Anforderungen an die Aufsicht über öffentlich-rechtliche und private Medien, Transparenzregeln zu Medieneigentümerstrukturen und Medienmessung sowie zur Darstellung von Inhalten auf den großen Online-Plattformen.
Der VAUNET teilt die Ziele des EMFA, vielfältige, staatsferne und unabhängige Medien in Europa zu befördern. Der ungehinderte Zugang zu professionell und unabhängig journalistisch-redaktionell erstellten Medien für alle europäischen Bürger:innen ist Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie.
Der aktuelle Regulierungsvorschlag ist jedoch ein ambitionierter Balanceakt, mit dem hinsichtlich einiger Regulierungsfelder eine zusätzliche Regelungsebene zulasten funktionierender Medienordnungen droht – mit Abgrenzungsproblemen zum nationalen Vielfaltssicherungsrecht und unklaren Auswirkungen auf den Binnenmarkt. In diesem Sinne hat sich auch bereits der Bundesrat geäußert und eine (politisch seltene) Subsidiaritätsrüge gegenüber der EU-Kommission ausgesprochen, die vom VAUNET nachvollzogen wird.
In seinem Positionspapier zum EMFA fordert der VAUNET daher:
- Ein Level-Playing-Field statt Einschränkung wirtschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten! Besser als ein europäisches Medienfusionsrecht wäre die Prüfung der Auswirkungen von Fusionen von Big-Tech-Plattformen auf den Medienmarkt.
- Die Anerkennung, dass redaktionelle Unabhängigkeit für Medienunternehmen eine Selbstverständlichkeit ist! Es braucht dafür keine unverhältnismäßige Regelung, die in die innere Organisation von Medienhäusern eingreift.
- Dass die Aufsicht über unabhängige Medien ebenso unabhängig und staatsfern erfolgt – auch die Europäische Kommission sollte sich auf organisatorische Unterstützung beschränken und keinen Einfluss auf die Arbeit des neuen Europäischen Gremiums für Mediendienste nehmen können.
- Die Etablierung des Zugangs zu objektiven Daten zu Reichweite und Nutzung auch von Big-Tech-Plattformen, da diese für fairen Wettbewerb und die Weiterentwicklung von Medienangeboten essenziell sind.
- Dass journalistisch-redaktionelle Inhalte vor unrechtmäßiger Löschung effektiv geschützt werden.
Der VAUNET fordert das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union auf, im weiteren Verfahren die Erforderlichkeit und die Auswirkungen der vorgeschlagenen Regelungen auf die Medienordnungen der Mitgliedstaaten genauestens zu prüfen. Im Zweifel stellt für vielfaltssichernde Regulierungsaspekte eine Mindestharmonisierung im Rahmen einer Richtlinie für den Medienbereich das passendere Instrument dar.