Die vorgezogenen Neuwahlen 2025 werden entscheidend für die politische und mediale Landschaft in Deutschland und Europa sein. Vor diesem Hintergrund hat der VAUNET seine politischen Prioritäten für die nächste Legislatur formuliert.
Wettbewerbsfähigkeit und Refinanzierungsfreiheit als Schlüssel für eine vielfältige Medienlandschaft
Der Audio- und audiovisuelle Sektor ist sowohl ein wirtschaftliches als auch ein kulturelles Gut: Die Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen und der Programmfreiheit sowie der Schutz von Inhalten ist entscheidend für die Aktivitäten journalistisch-redaktioneller Medien. Um die Wettbewerbsfähigkeit privater Medien zu fördern und Medienvielfalt zu sichern, muss genau bewertet werden, wie sich Gesetz- und Regulierungsvorhaben auf die privaten Medien auswirken, wie sie einen Beitrag zur Stabilisierung leisten oder weitere Belastungen verhindert werden können (Medienverträglichkeitsprüfung und Belastungsmoratorium).
Werbe- und abobasierte Geschäftsmodelle ermöglichen
Werbung ist eines der wichtigsten Refinanzierungsinstrumente der privaten Medien. Die breite Vielfalt privater Medien darf nicht durch Werbeverbote, z. B. für Lebensmittel, Energie oder kleinteilige Regulierung in Form von Pflichthinweisen, Targeting-Beschränkungen oder Einschränkungen der Vertragsfreiheit gefährdet werden. Zwischen ausuferndem Verbraucherschutz, wie beim Kauf und der Zahlung digitaler Inhalte, und den Geschäftsmodellen der Audio- & audiovisuellen Medien, v. a. im Streaming-Bereich, muss ein Gleichgewicht hergestellt werden. Zur Erreichung aller Zielgruppen muss für Medien auch der Refinanzierungsrahmen über Social Media und Plattformen gestärkt werden. Der Ansatz der Selbstregulierung sollte als sinnvolle Ergänzung zu gesetzlichen Rahmenbedingungen anerkannt werden, um schnell auf Marktveränderungen und Verbraucherbedenken reagieren zu können.
Level-Playing-Field zu Big Tech-Plattformen schaffen und Kooperationen erleichtern
Es braucht auf europäischer und nationaler Ebene faire Bedingungen im Wettbewerb mit globalen marktmächtigen Online-Plattformen. Zugangs- und Auffindbarkeitsregulierung kommt künftig eine besondere Bedeutung zu und sollte (in Richtung der Medienintermediäre) fortentwickelt werden. Die zuständigen Behörden, insbesondere das Bundeskartellamt und die Medienanstalten, müssen optimal ausgestattet sein, um ein Level-Playing-Field durchsetzen zu können. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Medienunternehmen sollten innovative Kooperationsformen und Allianzen nicht an zu hohen kartellrechtlichen Hürden scheitern. Hierfür sind erweiterte regulatorische Marktbetrachtungen und ein flexibles Wettbewerbs- und Kartellrecht notwendig, das Ausnahmen für Medienkooperationen vorsieht und Umsatzmultiplikatoren für Medien aufhebt bzw. abschwächt.
Innovationsfreundliche Datenpolitik fördern
Datenpolitik ist Wettbewerbspolitik. Ein praktikabler und evidenzbasierter Datenschutz sollte im Vordergrund stehen, die marktwirtschaftliche Nutzung von Daten muss anerkannt werden. Schutz- und Nutzungsinteressen unter Einbeziehung der besonderen Demokratierelevanz privater Medien sollten besser ausbalanciert werden. Eine datenschutzrechtliche Anerkennung gängiger Geschäftsmodelle der privaten Medienverbreitung, wie insbesondere Pay-or-Consent Modelle, und die Stärkung der Aufsichtsbehörden in ihrer beratenden Funktion führen zu mehr Rechtssicherheit.
Urheberrechte stärken, auch beim Einsatz von KI
Geistiges Eigentum und Vertragsfreiheit als Voraussetzung für Investitionen in Inhalte sind entscheidend für eine wettbewerbsfähige und vielfältige Kultur- und Kreativindustrie. Der Erhalt der territorialen Vergabe und Lizenzierung von Rechten ist für eine wirtschaftliche Verwertung unerlässlich. Die Rechtsverfolgung bei Verletzungen geistigen Eigentums durch geeignete Instrumente zur Bekämpfung der Content-Piraterie muss verbessert und Plattformen effektiv in die Verantwortung genommen werden. Mit Blick auf generative künstliche Intelligenz ist es unerlässlich, dass z. B. das Training generativer KI-Systeme mit Inhalten von der Zustimmung der Rechteinhaber abhängig gemacht wird. Der gesetzliche Rahmen sollte technikneutral und flexibel ausgestaltet sein, um technische Weiterentwicklungen zu ermöglichen, an denen auch Medienunternehmen neben den großen Big-Tech-Plattformen nachhaltig partizipieren können.
Attraktives Steueranreizmodell ist Erfolgsfaktor für Filmreform
Um die Kraft des Produktionsstandorts Deutschlands effektiv zu fördern und Investitionen dauerhaft zu sichern, bedarf es positiver unterstützender Anreize statt fortwährender finanzieller Belastungen. Um die nationale Filmwirtschaft in Europa wieder wettbewerbsfähig zu gestalten, sollte das lange erwartete Steueranreizmodell schnell umgesetzt werden. Investitionsverpflichtungen dagegen sind rechtlich umstritten und kein Garant für Produktionen vor Ort. Sie stellen Eingriffe in die Programm- sowie in die unternehmerische Freiheit dar. Die künstliche Nachfrage einer Investitionsverpflichtung führt perspektivisch zu einer Erhöhung der Produktionskosten wie auch Endkundenpreise für Verbraucher:innen. Anstelle zwingender Vorgaben zur Rechteteilung sollten Lösungen im Wege des Dialogs gesucht werden.
Nein zu Network Fees
Faire Zugangsbedingungen zu den für Audio- und audiovisuelle Medien relevanten Übertragungswegen sind sicherzustellen. Der Grundsatz der Netzneutralität bleibt eines der Kernprinzipien. Gebühren für den Datentransport sowie vergleichbare vertragliche Mechanismen im Rahmen des Breitbandausbaus zu Lasten der Inhalte-Anbieter würden Investitionen in Inhalte verringern und die Medienvielfalt bedrohen.
Rundfunkübertragung über alle Verbreitungswege sichern
Trotz vielfältiger digitaler Empfangsmöglichkeiten bleibt für die Privatradios UKW der Übertragungsweg mit der höchsten wirtschaftlichen Relevanz. UKW muss daher langfristig sichergestellt sein, um die enorme Vielfalt von Radio in Deutschland und den Zugang zu vertrauenswürdigen Medien zu bewahren. Die Digitalisierung des Hörfunks muss marktgerecht und technologieneutral erfolgen. Die auf der Weltfunkkonferenz 2023 beschlossene, weitergeltende Primärnutzung des UHF-TV-Bandes durch den Rundfunk sichert die TV-Verbreitung und muss auch über 2030 hinaus erhalten bleiben.
Fairer Wettbewerb in der dualen Medienordnung
Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirken sich immer auf beide Seiten des Systems aus. Auftragsbegrenzungen z. B. der Programmzahl oder beim Sportbudget müssen zu effektiven Kosteneinsparungen führen. Neben dem Einstieg in den Ausstieg aus Werbung und Sponsoring in den ARD-Radiosendern und der Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, muss das Werbeverbot in Telemedien fortbestehen und darf nicht durch Tochtergesellschaften umgangen werden. Kommerzielle Aktivitäten und das Onlineangebot, insb. auf Drittplattformen, müssen klar begrenzt sein. Für eine erfolgreiche Reform bedarf es einer funktionierenden Aufsicht. Die Finanzierung muss dem Auftrag folgen, ohne dass Verfahrensänderungen oder teilautomatisierte Beitragserhöhungen die Legitimation gefährden.
Desinformation und illegale Inhalte gemeinsam bekämpfen
Kernbestandteil einer demokratischen Gesellschaft ist die freie Meinungsbildung über faktenbasierte Inhalte eines vielfältigen journalistisch-redaktionellen Medienangebotes. Es gilt, über das Internet verbreitete illegale Hate Speech und Desinformationen sowie Deep-Fakes mit klarer Rollenverteilung gemeinsam zu bekämpfen. Die Zusammenarbeit zwischen Medien, Behörden, Politik und Gesellschaft sollten hierzu ausgebaut werden.