VAUNET-Panel zum ÖRR auf den Medientagen München: „Der Reformstaatsvertrag darf nicht zur Fata Morgana werden.“

23. Oktober 2024 – In der Politik herrscht parteiübergreifender Konsens zur Notwendigkeit von substanziellen Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Diese wirken sich immer auch auf die private Säule des dualen Mediensystems aus. Aber welche Reformschritte sind notwendig, um ein nachhaltig stabiles duales Mediensystem mit fairen Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen?

Dies diskutierten mit Blick auf den aktuellen Entwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ (Reformstaatsvertrag) Alex Dorow, MdL & Vorsitzender der AG Medien der CSU-Landtagsfraktion, Dr. Susanne Pfab, Generalsekretärin der ARD, Dr. Markus Rick, Hauptgeschäftsführer Verband Bayerischer Zeitungsverleger und Claus Grewenig, VAUNET-Vorstandsvorsitzender & Chief Corporate Affairs Officer, RTL Deutschland, auf dem VAUNET-Panel „40 Jahre duales Mediensystem: Fit für die Zukunft?“ auf den Medientagen in München. Die Moderation übernahm Diemut Roether, verantwortliche Redakteurin von epd medien.

Einen „vernünftigen Interessensausgleich für das duale System“, nannte CSU-Medienpolitiker Alex Dorow den vorliegenden Entwurf: „Wir sind froh, dass wir zu diesem Punkt gekommen sind. Eine starke und kräftige Zusammenlegung beim ÖRR, z. B. bei ARTE & 3Sat, ist das Gebot der Stunde.“

„Die im Reformstaatsvertrag geplante Reduzierung von öffentlich-rechtlichen Kanälen begrüßen wir, aber sie muss auch entsprechend gut umgesetzt werden, um wirklich Auswirkungen auf den Wettbewerb im dualen System zu haben“, betonte VAUNET-Vorstandsvorsitzender Claus Grewenig. „Der Reformstaatsvertrag darf nicht zur Fata Morgana werden – wir sollten die Chance mit dem öffentlich-rechtlichen Reformstaatsvertrag nutzen, einiges zu korrigieren, was schiefgelaufen ist.“

Am Beispiel Sportrechte und lokale sowie regionale Berichterstattung sprach Grewenig sich für eine Besinnung auf den Kernauftrag aus – und dazu gehörten eben nicht die Sportausgaben, die jährlich vereinzelt bis zu über 860 Millionen Euro betragen: Summen, die „woanders sinnvoll eingesetzt werden können.“ Beim Reformstaatsvertrag müsse zuerst der Auftrag definiert werden und erst im zweiten Schritt die Finanzierung. Damit pflichtete er dem Abgeordneten Dorow bei, der klarstellte: „Bei einem Gesamtvolumen von über neun Milliarden Euro sehe ich kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem.“ In den einzelnen Sender herrsche ein Verteilungsproblem. Statt bei den Mitarbeitenden zu sparen, müssten die Strukturen angegangen werden.

VAUNET-Panel zum ÖRR auf den Medientagen München 2024
© H. Münch

Unterschiedlich bewerteten die Teilnehmenden die Verschärfung der Regeln zum Verbot der Presseähnlichkeit der öffentlich-rechtlichen Online-Angebote. Laut einer repräsentativen Studie, die der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), in Auftrag gegeben hatte, würden 37 Prozent der Befragten mehr und häufiger Presseerzeugnisse nutzen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk weniger Textangebote zur Verfügung stellen würde, argumentierte der Verleger-Vertreter Dr. Markus Rick.

Dem hielt Dr. Susanne Pfab eine unsaubere Fragestellung bei der Erhebung entgegen. Unter Bezugnahme auf eine aktuelle Studie von Goldmedia betont die ARD-Generalsekretärin, dass gerade nicht erwiesen sei, dass eine Kürzung der Textangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu mehr zahlenden Abonnenten führen würde. Dennoch seien die ARD-Anstalten bereit, „den Schwerpunkt im Audiovisuellen zu erhöhen.“ Allerdings ist es gerade in Zeiten von Fake News essenziell, dass Informationen schnell, einfach erfassbar und in guter Qualität verfügbar sind.“

Dr. Susanne Pfab äußerte zudem, dass sich die Mediennutzung in den letzten Jahren verändert habe und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich entsprechend anpassen müsse. Wichtig sei, dass dabei die inhaltliche Qualität und der Zugang zu Informationen für die Öffentlichkeit sichergestellt seien und keine rein ökonomischen Überlegungen. Dabei spielten auch die bestehenden Kooperationen zwischen dem ÖRR und Verlagen eine Rolle.

VAUNET-Panel zum ÖRR auf den Medientagen München 2024
© H. Münch

VAUNET-Vorstandvorsitzender Grewenig betonte in der Diskussion um die Zukunftsfähigkeit des dualen Systems kein „Entweder – oder“ zu sehen, sondern ein „sowohl als auch.“ Denn: „Wir agieren in einem Wettbewerb.“ Deshalb appellierte er an die Entscheider:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „klug zu sein und sich zurückzunehmen.“

Dem Wunsch nach mehr Kooperation – auch zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Akteuren – konnten sich alle Podiumsteilnehmende anschließen. „Warum nicht auf ein BR-Hörfunk-Büro in Deggendorf verzichten und das örtliche private Lokalfernsehen die Inhalte zuliefern lassen?“ schlug der Hauptgeschäftsführer Verband Bayerischer Zeitungsverleger Dr. Markus Rick vor.

Einigkeit herrschte auch mit Blick auf die erwarteten Verhandlungsergebnisse zum Reformstaatsvertrag: Wichtig sei vor allem, dass er verabschiedet werde, so Grewenig. „Da eint uns der Optimismus“.

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