Illegale Streaming- und Download-Angebote tauchen online in unterschiedlichsten Formen auf. Doch wie funktioniert Online-Piraterie? Und welche Folgen hat sie für die Medienwirtschaft und Nutzer:innen?
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Serien, Musik oder Live-Sport zu streamen, gehört für viele zum Alltag. Doch neben den legalen, kostenpflichtigen Diensten wie Disney+, Spotify oder Sky floriert die Schattenwelt der Online-Piraterie: Websites, Plattformen und manipulierte Streaming-Geräte bieten urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal zum Streaming oder Download an. Ein Beispiel: 2024 zerschlug Europol ein Piraterie-Netzwerk mit 22 Millionen Zuschauer:innen, das über 2.500 Programme verschiedener Sender illegal zur Verfügung stellte, darunter Sky und DAZN.
Der Schaden solcher Praktiken ist gigantisch: Milliarden an Einnahmen gehen der Branche, einschließlich Rechteinhaber und Kreative, durch Online-Piraterie jährlich verloren.
Wie funktioniert Online-Piraterie?
- Illegale Streaming-Websites bieten komplette Filme, Serien, Live-Events oder Musikalben ohne Lizenz an. Sie sind kostenfrei zugänglich, ohne Anmeldung, Mitgliedschaft oder spezielle Software – dafür aber oft gespickt mit dubioser Werbung, Malware oder Abofallen.
- Torrent- und Piraterie-Netzwerke nutzen das Peer-to-Peer-Prinzip: Nutzer:innen laden mit spezieller Software Inhalte aus vielen kleinen Datenpaketen, die andere bereitstellen. Die Datei setzt sich auf ihrem Rechner dann automatisch zusammen.
- Illegale IPTV-Dienste wie manipulierte Streaming-Sticks, Spielkonsolen oder modifizierte Apps bieten Zugang zu Pay-TV-Inhalten – inklusive Live-Sport. Beliebte Methoden sind gehackte Zugangsdaten, Card Sharing (eine manipulierte Smartcard wird von mehreren genutzt) oder Stream-Abgriffe, bei denen TV-Signale abgefangen und live über Plattformen wie YouTube oder via Bildschirmaufzeichnung weiterverbreitet werden.
Hinter vielen Piraterie-Angeboten stehen international agierende kriminelle Netzwerke. Sie verschleiern ihre Identität durch verschlüsselte Kommunikation, anonyme Zahlungsmittel und Hosting-Dienste in Ländern mit geringer Strafverfolgung, und sie wechseln regelmäßig Domains und technische Infrastrukturen, um Ermittlungen zu erschweren. Diese Netzwerke verdienen vor allem durch Werbung, den Verkauf sensibler Nutzerdaten, betrügerische Abofallen und kostenpflichtige Premium-Zugänge für schnellere Downloads oder werbefreie Inhalte.
Massive Folgen für die Medienbranche
Allein in Deutschland liegt der Schaden durch illegal verbreitete lineare Live-TV-Streams bei rund 1,8 Milliarden Euro jährlich (2022). Dem Staat entgehen dadurch etwa 390 Millionen Euro an Steuern und Sozialabgaben. Dabei sind nicht nur große Medienkonzerne betroffen, sondern auch Produktionsfirmen, Kinos, Musiklabels oder Synchronstudios.
Das bremst Investitionen in neue Produktionen, Innovationen und Arbeitsplätze, wie das Beispiel Live-Sport zeigt: Pro Bundesliga-Spieltag werden bis zu 10.000 illegale Streams registriert (2023). Weltweit verliert der Sportsektor durch Piraterie jährlich rund 28 Milliarden US-Dollar (Dynamedia/Ampere). Für Anbieter wie DAZN, DYN oder Sport1 bedeutet das: geringere Zuschauerzahlen und damit geringere Werbeeinnahmen, was wiederum die Refinanzierung teurer TV-Rechte erschwert. Am Ende schadet das auch den Ligen, die einen Großteil ihrer Einnahmen aus diesen Rechten beziehen (2024).
Piraterie bei TikTok & Co.
Der neue Trend zu Online-Piraterie auf sozialen Medien und Messenger-Dienste verstärkt das Problem Online-Piraterie: Auf TikTok werden beispielsweise ganze Filme und Serien illegal übertragen – getarnt durch harmlose Vorschaubilder, die beim Wechsel in den Vollbildmodus durch den Stream ersetzt werden. Die Inhalte werden oft in kurzen Clips, Livestreams oder über Links in Kommentaren oder Profilen verbreitet, die alle schnell wieder gelöscht oder verändert werden können.
Diese Schnelllebigkeit in Verbindung mit einer enormen Reichweite und der Möglichkeit zur anonymen oder pseudonymen Nutzung macht es schwierig, solche Urheberrechtsverletzungen zeitnah zu identifizieren und wirksam zu verfolgen.
Meiste Fälle bleiben folgenlos
Dabei ist bereits das reine Streaming urheberrechtswidriger Inhalte strafbar, wie der Europäische Gerichtshof 2017 klarstellte. Nutzer:innen drohen Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und Schadensersatzforderungen. Die Rechtslage soll abschreckend wirken, in der Praxis entfaltet sie jedoch keine große Wirkung: Rund 81 Prozent der gemeldeten Piraterie-Fälle in der EU bleiben bislang folgenlos (2025).
Daher ist und bleibt eine effektive Umsetzung der EU-Empfehlung zur Bekämpfung der Live-Piraterie (2023) ein zentraler Baustein für einen effektiven Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen. Nur so können legale Streaming-Angebote langfristig die Produktion hochwertiger Inhalte sichern und ihren wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität der Kreativbranche leisten.