Short, Not Shallow: Was Geoblocking für audiovisuelle Inhalte bedeutet

Eine internationale Serie ist zum Streamen „in diesem Land nicht verfügbar”? Das Angebot des Streaming-Dienstes sieht im Ausland plötzlich anders aus? Das liegt am Geoblocking.

Unser neues Format „Short, Not Shallow“ erklärt wichtige Branchenthemen verständlich und knapp – für einen klaren Überblick in nur 2 Minuten Lesezeit.

Je nachdem, in welchem Land man sich gerade aufhält, bekommt man manche Inhalte angezeigt und andere nicht – zum Beispiel bei Online-Shops, Streaming-Diensten oder Sportübertragungen.

Das liegt an einer wichtigen Ausnahme vom sogenannten Geoblocking-Verbot (EU Geoblocking-Verordnung 2018), mit dem die EU Verbrauchern überall in der EU gleichen Zugang zu Produkten und Dienstleistungen gewähren wollte: Für audiovisuelle Inhalte wie Filme, Serien oder Sportübertragungen gilt das Verbot nicht.

Warum gibt es die Ausnahme für audiovisuelle Inhalte?

Weil Filme, Serien und Sportübertragungen in ihrer Doppelfunktion als Wirtschafts- und Kulturgut anders funktionieren als normale Waren oder digitale Produkte.

1. Geoblocking ist für die Finanzierung europäischer Inhalte wichtig

Viele Filme und Serien werden in Europa durch nationale Lizenzverkäufe sowie Ko-Produktionen zwischen mehreren Ländern finanziert. Sender aus einem Land beteiligen sich an der Finanzierung und bekommen dafür bestimmte Rechte, zum Beispiel exklusive Erstausstrahlung.

Beispiel: Die Serie „Babylon Berlin“ (40 Millionen Euro Budget) konnte nur finanziert werden, weil verschiedene Sender länderspezifische Rechte gekauft haben: In Deutschland sicherten sich Sky & ARD die Rechte, in Frankreich Canal+ und für die Ausstrahlung in den USA erwarb Netflix eine eigene Lizenz. Durch den Verkauf der territorialen Lizenzen konnte das Geld für die Produktion der Serie zusammengetragen werden.

Geoblocking ist wichtig, um attraktive Inhalte in Europa zu finanzieren und zu vertreiben. Das gilt für länderübergreifende ebenso wie nationale oder regionale Produktionen.

2. Geoblocking schützt exklusive Sportrechte

Live-Sportübertragungen sind eines der teuersten Geschäftsmodelle in der Medienwelt. Ligen wie die Bundesliga oder die Champions League verkaufen ihre TV-Rechte länderspezifisch. Die Kosten unterscheiden sich je nach Land und dortiger Nachfrage und müssen von den Anbietern vor Ort wieder reingeholt werden, zum Beispiel durch Abos.

Beispiel: Sky Deutschland, DAZN und andere deutsche Medienanbieter investieren hohe Summen in Lizenzgebühren für die Übertragungsrechte an der Bundesliga. In anderen Ländern können diese Rechte teils erheblich günstiger vergeben werden. Ohne Geoblocking könnten sich Fans einfach für ein günstigeres Abo aus dem Ausland entscheiden – die deutschen Anbieter würden erhebliche Einnahmen- und Reichweitenverluste erleiden.

Auch die Finanzierung der Ligen sind von den Einnahmen der Übertragungen abhängig. Ein Wegfall von Geoblocking würde nicht nur die Sender, sondern könnte schnell auch die Ligen und den Sport selbst treffen.

3. Ohne Geoblocking würden Lizenzkosten und Preise steigen – zum Nachteil von Verbrauchern und kleinen Anbietern

Gäbe es ein Geoblocking-Verbot für Medieninhalte, müssten Streaming-Anbieter und TV-Sender statt einzelner, marktgerechter Lizenzen teure EU-weite Rechte kaufen. Die Kosten für die teureren Lizenzen würden entweder an die Verbraucher weitergegeben werden, indem die Kosten für Streaming- und TV-Abos steigen. Oder zu einem schrumpfenden Angebot führen, wenn auf den Kauf von Lizenzen für bestimmte, insbesondere regionale Inhalte wie z. B. eine bulgarische Serie verzichtet würde, weil die Nachfrage nicht in allen Ländern gleich gegeben ist.

Ohne Geoblocking gäbe es weniger Vielfalt in der Medienlandschaft, und die Auswahl für Verbraucher würde nicht größer – sondern kleiner und teurer.

Fazit: Geoblocking ist für audiovisuelle Inhalte wichtig

Europa lebt vom gemeinsamen Binnenmarkt auch im Digitalen – die Ausnahme für audiovisuelle Inhalte hat aber gute Gründe. Denn audiovisuelle Inhalte sind kein gewöhnliches Handelsgut, sondern genauso ein Kulturgut.

Ein europaweites Verbot von Geoblocking würde nicht zu mehr Inhalten für alle führen, sondern zu weniger Vielfalt, weniger Investitionen und langfristig höheren Kosten.

Die Ausnahme für audiovisuelle Inhalte bleibt deshalb nicht nur sinnvoll – sondern notwendig.

Zum VAUNET-Positionspapier (englische Version, 06.03.2025)

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