Wenn Algorithmen, KI-Systeme und Big Tech bestimmen, was beim Publikum ankommt, steht Medienvielfalt auf dem Spiel. Darüber haben wir beim diesjährigen VAUNET-Panel zur Auffindbarkeit von Medieninhalten am 23. Oktober bei den Medientagen München diskutiert.
Auf der Bühne: Claus Grewenig (Vorstandsvorsitzender des VAUNET und Chief Corporate Affairs Officer, RTL Deutschland), Dr. Florian Herrmann (Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien), Inga Moser von Filseck (Head of Media Policy DACH, Amazon), Dr. Katja Wildermuth (Intendantin des Bayrischen Rundfunks) und Prof. Dr. Ralf Müller-Terpitz (Professor an der Universität Mannheim) unter der Moderation von Dr. Andrea Huber über Wege zu mehr Transparenz, Fairness und Kooperation
Auffindbarkeit neu denken und verlässlicher Quellen sichtbar machen
„Die Plattformregulierung braucht ein Update – besser heute als morgen“, so Claus Grewenig und brachte die zentrale Herausforderung des digitalen Medienwandels auf den Punkt, denn „die Auffindbarkeit von Inhalten von Alexa bis TikTok muss grundsätzlich neu gedacht werden.“
Die AI Overviews zeigten, wie schnell sich Refinanzierungs- und Geschäftsmodelle „über Nacht“ verschieben. Und wenn KI-Entwickler zugleich Inhalteanbieter seien oder marktmächtige Big-Tech-Konzerne Funktionen bündeln, könne es keinen fairen Wettbewerb geben.
Der VAUNET Vorsitzende nannte zwei zentrale Probleme: Erstens die hohe Fehleranfälligkeit KI-generierter Antworten. Zweitens gehe es um die Refinanzierung journalistischer Inhalte. Sichtbarkeit verlässlicher Quellen müsse gesichert bleiben, damit Menschen gut informiert werden und journalistische Angebote wirtschaftlich bestehen können.
Dr. Katja Wildermuth schließt sich an: „Heute entscheiden Algorithmen, was sichtbar ist. Doch sie filtern nach Aufmerksamkeit, nicht nach Relevanz.“ Dabei schaffe eine monetäre Beteiligung der Inhalteanbieter noch keine Sichtbarkeit für Medieninhalte. Die AI Overviews erzeugten den Eindruck, es gebe nur eine einzig richtige Antwort, und stellen Inhalte aus verschiedenen Quellen automatisiert zusammen – ohne transparent offenzulegen, wie und nach welchen Kriterien diese Auswahl erfolgt. „Nur weil es bequem ist, dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass es gefährlich ist“, mahnte sie.
KI zwischen Chance, Risiko und Verantwortung
Für Staatsminister Dr. Florian Herrmann gehe es in der Diskussion um Künstliche Intelligenz zu oft um Risiken statt Chancen. Viele stellten KI als großes Problem dar, insbesondere Tools wie Google AI Overview, doch die Realität sei differenzierter: „Jeder nutzt sie, und wie wir Medien konsumieren, hat sich grundsätzlich verändert.“ Für ihn bleibt das oberste Ziel, dass Regulierung mit Augenmaß die Refinanzierung von Inhalten sichert, nicht „überholte Geschäftsmodelle“ schützt.
Auch Inga Moser von Filseck sieht die Potenziale, die KI für die Auffindbarkeit von Inhalten bietet. Sie betonte, dass Prime Video ein entgeltpflichtiges Angebot sei, in Inhalte investiere, Lizenzen einkaufe und redaktionelle Verantwortung übernehme. Nach dem Medienstaatsvertrag seien die Auffindbarkeitsregeln auch auf Prime Video anwendbar. Nötig seien EU-weit harmonisierte Auffindbarkeitsregeln. Wie diese umgesetzt werden, sollte von der Definition von Public Value getrennt werden.
Auch Prof. Dr. Ralf Müller-Terpitz forderte klare Beteiligungsmodelle für Medienhäuser: Wer Inhalte produziert, müsse an deren Nutzung durch KI-Modelle beteiligt werden. Denn während Plattformen Desinformation befördern und KI die Auffindbarkeitsprobleme verschärft, kompensiere das Recht die regulatorischen und ökonomischen Nachteile der Medienanbieter nur unzureichend.
Fazit
Die Panelist:innen sind sich einig: Es gibt kein Allheilmittel. Es braucht ein Maßnahmenbündel. Aus Sicht der privaten Medien gehören dazu klar Regeln mit universeller Geltung, anbieterspezifische Umsetzungen und verpflichtende Outlinks, damit Inhalte gefunden werden.